Peter Scheller
Berater für Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Steuer- und Unternehmensberater

„Wenn es knifflig wird.“

Aufbewahrung von Unterlagen im Verein

Aufbewahrung von Unterlagen im Verein

Was muss, was darf, was sollte der Verein wie lange aufheben?

Jeder Vorstand eines Vereins, der nicht einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb hat, kennt das leidige Problem, dass Unterlagen, wenn der Jahresabschluss, die Zuwendungsbestätigungen und die Steuererklärungen erstellt worden sind, irgendwo abgelegt werden müssen. Nur: wohin damit? In die Wohnung des Schatzmeisters oder des Vorsitzenden gehören die Unterlagen keinesfalls. Sie sind Eigentum des Vereins und der zufällige Untergang durch Brand, Wasser oder ähnlich unangenehme Dinge können zur Schadensersatzpflicht des Vorstands führen. Andererseits sind die Vereinsräume meist zu klein, um ein umfangreiches Archiv zu unterhalten, die zuständigen Mitarbeiter können wechseln und überhaupt interessiert sich niemand mehr wirklich für den alten Kram. Niemand? Wohl kaum, das Finanzamt oder die Sozialversicherungen interessieren sich unter Umständen sehr wohl dafür. Und auch die zukünftigen Vereinsvorstände, wenn sie nach 25 Jahren Vereinsleben eine Vereinschronik zusammenstellen sollen und nach alten Vorstandbeschlüssen und Verträgen suchen. Damit ist der Vorstand gut beraten, der sich über die geplante und strukturierte Ablage seiner Vergangenheit Gedanken macht.

Was aufgehoben werden sollte, ergibt sich einerseits aus den Umständen des Vereinslebens, andererseits aus der Frage, welche Mühe es macht, Unterlagen mit unterschiedlicher Fristigkeit aus den Unterlagen herauszusuchen, die schon weggeworfen werden können oder eben noch nicht. Da kann es sich empfehlen, alle Unterlagen zumindest nach der 10-Jahres-Regel aufzuheben, wenn nicht andere Gründe die längere Aufbewahrung angeraten sein lassen.

Welche Aufbewahrungsfristen treffen den Verein?

Es gibt Aufbewahrungsfristen nach dem Handelsrecht, nach dem Steuerrecht, nach dem Arbeits- und Sozialversicherungsrecht und aus anderen Rechtsgebieten, die einen Verein jedoch nur vereinzelt treffen könnten.

Das Handelsrecht ist nur für Kaufleute verbindlich und unterscheidet zwischen einer 6- und einer 10-jährigen Aufbewahrungsfrist. Vereine unterhalten in der Regel keinen Geschäftsbetrieb, der sie zum Kaufmann werden lässt. Deshalb sind regelmäßig die steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen der §§ 140 ff. Abgabenordnung maßgeblich. Die Abgabenordnung unterscheidet wie das Handelsgesetzbuch auch zwischen gewerblichen und nicht gewerblichen Unternehmen, insbesondere was die Pflicht zur Führung einer doppelten Buchführung und anderer Bücher betrifft (§§ 140 bis 144 AO). Nach den §§ 145 der Abgabenordnung sind jedoch für alle Steuerpflichtigen allgemeine Anforderungen an Buchführung und Aufzeichnungen sowie Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen und für die Aufbewahrung von Unterlagen zu beachten. Sie sind allgemeinverbindlich.

Der Begriff „Steuerpflichtiger“ bedeutet nicht, dass nur der einer ist, der Steuern zahlt, vielmehr bedeutet er für den Vereinsvorstand, dass er Handlungen tätigt, die steuerrelevant sind, z.B. durch Zahlung von Arbeitslohn, Übungsleiter- oder Ehrenamtspauschalen, durch die Erteilung von Zuwendungsbestätigungen oder die Vermietung von Vereinsräumen.

Die Aufbewahrungsfristen sind zweigeteilt:

  • 10 Jahre für Buchungsbelege, Belege, Kassenaufzeichnungen, Bankauszüge, Jahresabschlüsse sowie die dazu gehörigen Informationen
  • 6 Jahre für alle übrigen Unterlagen.

Für Verträge beginnt die Aufbewahrungsfrist mit Beendigung des Vertragsverhältnisses zu laufen.

Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres zu laufen, in dem die letzte Eintragung in den Büchern der Gesellschaft oder des Vereins durchgeführt wird. Die Eintragungen enden mit der Aufstellung des Jahresabschlusses, also mit der Unterschrift des Vereinsvorsitzenden, nicht etwa mit der Feststellung des Jahresabschlusses durch die Mitgliederversammlung. Die Bücher sind grundsätzlich die Handelsbücher, da der Verein kein bilanzierender Gewerbetreibender ist also die letzte Eintragung zur Fertigstellung der Gewinnermittlung. Es ist nicht die Eintragung in der Steuererklärung maßgeblich! Also ist die Sphärenrechnung, die nicht selten nach Aufstellung der Gewinnermittlung im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Steuererklärung Gem1 gemacht wird, keine Rechnung, in die im Sinne des Beginns der Aufbewahrungsfrist eine Eintragung gemacht wird.

Es gibt auch außersteuerliche Aufbewahrungsfristen, z.B. aufgrund von Bewilligungs-bescheiden für staatliche und nichtstaatliche Zuschüsse, Beihilfen und Unterstützungen.

Die 10-jährige Aufbewahrungsfrist für Unterlagen beträgt mindestens 11 Jahre.

Beispiel: Am 31. Dezember 2013 erhält der Vorstand eine Rechnung. Der Jahresabschluss wird am 30. Juni des Folgejahres aufgestellt. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit Ablauf des 31.12.2014 und läuft dann noch 10 Jahre. Sie beträgt also insgesamt 11 Jahre. Für Belege, die bereits am 1.1. 2013 erteilt werden, beträgt die Aufbewahrungsfrist 12 Jahre, weil sie auch erst am Ende 2014 zu laufen beginnt. Wenn der Jahresabschluss 2013 erst im Jahr 2015 aufgestellt wird, beträgt die Aufbewahrungsfrist ggf. 13 Jahre.

An dieser Stelle muss zwischen der Aufbewahrungsfrist und der steuerlichen Festsetzungsfrist  unterschieden werden.

Die Festsetzungsfrist ist die Frist, innerhalb derer das Finanzamt eine Steuerfestsetzung erstmals durchführen oder noch einmal ändern kann. Die Festsetzungsfristen betragen 4, 5 oder 10 Jahre, je nach dem, ob gesetzmäßiges Handeln, eine leichtfertige Steuerverkürzung oder gar eine Steuerhinterziehung vorliegt. Sie beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wurde, spätestens nach 3 Jahren zu laufen. Die Vereine geben regelmäßig ihre Steuererklärungen spät ab, alleine durch den 3-Jahresturnus. Damit kann sich die Festsetzungsfrist im ungünstigen Fall auf 13 Jahre ausdehnen.

Über Aufbewahrungsfristen ist viel gesprochen und geschrieben worden. Die Regeln sind mannigfaltig und lassen sich in der Kürze nicht zufriedenstellend darstellen, je nach dem, aus welchem Winkel der Leser die Aufbewahrungsfristen betrachtet. Sehr häufig sind Ansprüche auf Steueranrechnung oder -vergütung nur durchsetzbar, wenn Aufbewahrungs- und Ordnungsvorschriften peinlich genau eingehalten werden. Deshalb ist jeder Verein gut beraten, sich individuell von einem Fachmann beraten zu lassen, der systematisch alle Bereiche des Vereins durchkämmt.

Autor: Thomas Oehmichen, Steuerberater – vereidigter Buchprüfer; www.oehmichen.de

Bildquelle: www.fotalia.com

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