Peter Scheller
Berater für Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Steuer- und Unternehmensberater

„Wenn es knifflig wird.“

Brexit und Zoll: Warenursprung

von Peter Scheller

Dies ist ein kurzer Beitrag zu speziellen Themen im Zusammenhang mit dem Brexit. Hier geht es um den weithin unterschätzten Bereich des Warenursprungs.

Der Ursprung einer Ware ist in sehr unterschiedlichen Bereichen des Außenhandels von besonderer Bedeutung. Im Rahmen des EU-Rechts geht es dabei um den präferenziellen und den nicht präferenziellen Ursprung sowie um die Herkunftsangabe der Waren. Im Einzelnen lassen sich die drei Bereich wie folgt unterscheiden:

Warenursprung

Präferenzieller Ursprung

Nichtpräferenzieller Ursprung

Warenmarkierung

„ Made in …“

Zollfreiheit oder ermäßigte Zollsätze aufgrund von Freihandels- und Präferenzabkommen

Anknüpfungspunkt für

  • Einfuhrgenehmigungen und -lizenzen,
  • Antidumpingmaßnahmen,
  • zahlungsauslösendes Dokument in Akkreditiven,
  • Nachweis zur Gewährung von Ausfuhrbürgschaften

Verbraucherschutz im Bestimmungsland

Rechtsgrundlagen

  • Art. 64 ff. UZK,
  • dazu ergangene Regelungen in UZK-IA und UZK-DA,
  • Freihandelsabkommen zwischen der EU und anderen Staaten oder Staatengruppen
  • Art. 59 ff. UZK,
  • dazu ergangene Regelungen in UZK-IA und UZK-DA
  • Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken,
  • nationale Gesetze (UWG, Markengesetze),
  • Einfuhrbestimmungen einzelner Länder

Für Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes und der Im- und Exportbranche spielen insbesondere die Zollbefreiungen oder –vergünstigen aufgrund von Freihandels- und Präferenzabkommen eine wichtige Rolle. Daneben wird in solchen Abkommen auch der Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse wie Exportbeschränkungen und Importquoten sowie der Investitionsschutz geregelt. Das produzierende Gewerbe und der Handel ist häufig in weltumspannende Warenketten (supply chains) eingebunden, da ein Bezug von Rohstoffen und Vorprodukten aus vielen Ländern wirtschaftlich sinnvoll sein kann. Es ist leicht ersichtlich, dass der Bezug von Waren aus Staaten, mit denen die EU entsprechende Abkommen geschlossen hat, erhebliche Vorteile bieten kann, wenn ansonsten die EU Zölle auf die Einfuhr entsprechender Waren erheben würde. Natürlich spielen Zollbefreiungen auch im Verkauf eine erhebliche Rolle, wenn die Bestimmungsländer spiegelbildlich auch Zölle erheben und die EU mit diesen Staaten ein Freihandelsabkommen geschlossen hat.

Bisher hatten Waren aus Großbritannien den Ursprung in der EU. Diesen werden sie mit dem Austrittsdatum verlieren. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf britische Industrie. Auch deutsche Unternehmen, die britische Vorprodukte verarbeiten, werden beachten müssen, dass diese keinen Ursprung in der EU mehr haben. Das kann bedeuten, dass die EU-Ursprungseigenschaft auch für das in Deutschland gefertigte Endprodukt verloren geht. Damit können vorteilhafte Zollpräferenzen mit Ländern, mit denen die EU ein Freihandelsabkommen geschlossen hat, verloren gehen. Problematisch sind auch Konstellationen, in denen die Endfertigung von Gegenständen in Großbritannien vorgenommen wird. In diesem Fall verlieren die Waren unter Umständen die EU-Ursprungseigenschaft, was wiederum zum Verlust von Zollpräferenzen führen könnte. Daneben ist auch die Einkaufsseite betroffen, wenn Waren über Großbritannien bezogen werden. International agierende Produktions- und Handelsunternehmen müssen in solchen Fällen prüfen, ob sie weiterhin Waren über Großbritannien beziehen oder vertreiben können oder ob Supply Chains und Präferenzkalkulationen umgestellt und Produktionsprozesse verlagert werden müssen.

Hinweis:

Die deutsche Zollverwaltung weist auf eine Mitteilungspflicht von Unternehmen hin:

Sofern die Verwendung von GBR-Inhalten bei der Herstellung eines Erzeugnisses maßgeblichen Einfluss auf dessen Ursprungseigenschaft hat und damit die Voraussetzungen für die erteilte Bewilligung bzw. Registrierung künftig nicht mehr gegeben wäre, ist der Ausführer verpflichtet, dies seinem zuständigen HZA (Hauptzollamt) anzuzeigen. Das HZA prüft in diesem Fall, ob die Bewilligung/Registrierung widerrufen werden muss.

Autor: Peter Scheller, Steuerberater, Master of International Taxation, Fachberater für Zölle und Verbrauchsteuern

Bildquelle: www.fotalia.com

 

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Kommentare

Kommentar von Peter Scheller |

Die DIHK Brüssel hat in ihrer Brexit-News Ausgabe 01/2020 ebenfalls das Thema Warenursprung behandelt:

"Anerkennung von UK-Ursprungsware als EU-Ursprungsware in der Übergangsphase 2020 unklar

Wenn das Vereinigte Königreich (UK) am 01.02.2020 die EU verlässt, wird der Status Quo der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und dem UK zunächst im Rahmen der Übergangsphase weitestgehend erhalten bleiben. Eine Ausnahme besteht allerdings bei der Anerkennung von Ursprungsware des Vereinigten Königreichs als EU-Ursprungsware. Auch der deutsche Zoll macht hierauf in seiner kürzlichen Meldung aufmerksam. Danach sind bezüglich der Auswirkungen des Brexit auf das Warenursprungs- und Präferenzrecht insbesondere die beiden folgenden Themenkomplexe zu betrachten.

1) UK und EU: Zollrechtliche Abwicklung

In dem Austrittsabkommen werden u. a. die übergangsweise geltenden zollrechtlichen Beziehungen zwischen dem UK und der restlichen EU (EU-27) nach dem Austrittsdatum (31. Januar 2020) geregelt. Dadurch wird Zeit gewonnen, um die künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem UK zu regeln. Während der sogenannten „Übergangsfrist“, die zunächst bis Ende 2020 gelten soll, bleibt aus zollrechtlicher Sicht im Handel zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU-27 somit alles beim Alten.

2) Freihandelsabkommen der EU-27

Der zweite Aspekt ist der weltweite Handel der EU-27 mit Staaten, mit denen sie präferenzielle Handelsabkommen abgeschlossen hat, sofern Erzeugnisse mit EU/UK-Ursprung gehandelt oder bei Herstellungsprozessen in der EU verwendet werden. Dies wird durch das Austrittsabkommen nicht geregelt. Das Präferenzrecht beruht auf völkerrechtlichen Verträgen mit Drittstaaten (Präferenzabkommen), die von der Europäischen Union für alle Mitgliedsstaaten abgeschlossen wurden.
Das Vereinigte Königreich ist bereits während der Übergangsfrist nicht mehr Mitglied der EU, damit ist es auch nicht mehr Vertragspartner der Handelsabkommen der EU. Die Europäische Kommission beabsichtigt, die Partnerländer mit Unterzeichnung des Austrittsabkommens über ihre rechtliche Auffassung zu informieren, nach der sie das Vereinigte Königreich auch für die Zwecke internationaler Übereinkünfte während der Übergangsfrist weiterhin wie ein Mitgliedstaat der EU behandeln wird.

Im Einzelnen bedeutet diese Rechtsauffassung:
• Ursprungserzeugnisse der Europäischen Union, die Vormaterialien mit "Ursprung" im UK enthalten bzw. ursprungsbegründend im UK hergestellt wurden/werden, gelten weiterhin als Ursprungserzeugnisse der Europäischen Union.
• Vor dem 31. Januar 2020 ausgefertigte Lieferantenerklärungen für derartige Ursprungserzeugnisse behalten weiterhin ihre Gültigkeit, eine Ausfertigung ab dem 1. Februar 2020 ist weiterhin zulässig, auch im UK.
• Dementsprechend dürfen auf Basis solcher Lieferantenerklärungen innerhalb des Übergangszeitraums Präferenznachweise durch Zollstellen ausgestellt bzw. im Rahmen der Selbstzertifizierung durch den Ausführer ausgefertigt werden.

Gleichzeitig können zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch noch keine belastbaren Aussagen darüber getroffen werden, ob die Partnerländer diese Auffassung ebenfalls teilen. Daher besteht die Gefahr, dass ausgefertigte Ursprungsnachweise für Erzeugnisse mit Vormaterialien mit "Ursprung" im Vereinigten Königreich in manchen Partnerländern als nicht konform angesehen werden könnten und für die Inanspruchnahme einer Zollvergünstigung in diesen Ländern nicht anerkannt werden.

Der DIHK hat auf die Dringlichkeit dieses Themas auch beim Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier während seines Besuchs in Berlin Mitte Januar hingewiesen. Die Unternehmen brauchen schnell Klarheit darüber, welche FHA-Partnerländer die Rechtsauffassung der EU teilen und UK während der Übergangsfrist ebenfalls weiter als Teil der EU behandeln. Der DIHK hat vorgeschlagen, eine Übersicht über die Antwortschreiben bzw. Rechtsauffassungen der Partnerländer auf der diesbezüglichen Website der EU-Kommission bereitzustellen und fortlaufend zu aktualisieren. Dies ist bis zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch nicht erfolgt."

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