Peter Scheller
Berater für Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Steuer- und Unternehmensberater

„Wenn es knifflig wird.“

Der Datenlieferant als Zollschuldner

von Peter Scheller

Seit der Änderung des Zollrechts am 1. Mai 2016 wurde die Liste der Zollschuldner erweitert. Seither wird der Lieferanten von Daten für die Zollanmeldung unter gewissen Umständen zum Zollschuldner. Diese Regelung zielt offensichtlich auf die Logistikbranche. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19.10.2017 (C-522/16) zeigt, dass der Kreis betroffener Personen weit größer sein kann.

Im Regelfall ist der Anmelder Schuldner der Einfuhrabgaben. Daneben kommt eine ganze Zahl anderer Personen als Zollschuldner in Betracht. Eine besondere Regelung enthält Art. 77 Abs. 3 UZK. Danach ist Zollschuldner diejenige Person, die für eine Zollanmeldung erforderliche Angaben geliefert hat, die dazu führen, dass Einfuhrabgaben ganz oder zum Teil nicht erhoben wurden. Dies kann beispielsweise der Spediteur sein, der für einen Kunden die Einfuhrverzollung durchführt und die Zollschuld aufgrund falscher Angaben des Kunden zu niedrig festgesetzt wird. Ein Spediteur wird allerdings nur zum Abgabenschuldner, wenn er wusste oder hätte wissen müssen, dass die Angaben unrichtig waren. Bisher nicht geklärt ist, wie der Begriff „hätte wissen müssen“ auszulegen ist. Eines scheint allerdings klar. Drängt sich jemanden schon bei den Angaben des Kunden der Verdacht auf, dass die gemachten Wertangaben zu niedrig sind oder gibt der Kunde offensichtlich falsche Zolltarifnummern an, kann der Logistikdienstleister schnell selbst zum Abgabenschuldner werden.

In einem vom EuGH zu beurteilenden Fall ging es um einen anderen Aspekt, nämlich wie weitgehend der Begriff des „Datenlieferanten“ zu sehen ist. Im zu entscheidenden Fall hatte ein Unternehmen eine sich über mehrere Staaten erstreckende Kette von Beteiligten aufgebaut, um die Einfuhrabgaben für Waren aus Südamerika zu mindern. Ganz offensichtlich hatte die Struktur einen betrügerischen Hintergrund. Das Unternehmen selbst hatte aber nie selbst Zollanmeldungen abgegeben und hatte auch nie Daten für entsprechende Zollanmeldungen geliefert. Der EuGH stufte dieses Unternehmen dennoch als Datenlieferanten ein. Der EuGH begründet dies damit, dass eine Person, die eng und bewusst an der Konzeption und der künstlichen Errichtung einer Struktur von Gesellschaften und Handelsströmen beteiligt ist, die zu einer Zollanmeldung mit zu niedrigen Abgabebetrag führt, als Person anzusehen ist, die solche Angaben geliefert hat.

Das Urteil mag aufgrund der offensichtlich betrügerischen Absicht des organisierenden Unternehmens in der Sache verständlich sein. Dennoch dehnt der EuGH die Anwendung der Bestimmung weit über den Wortlaut der Bestimmung des Art. 77 UZK hinaus aus. Es stellt sich die Frage, ob die Zollverwaltung das Urteil nutzen wird, diese als „Einfallstor“ für eine grenzenlose Inanspruchnahme von Personen zu nutzen, die weder Zollanmeldungen abgeben noch Angaben liefern.

Autor: Peter Scheller, Steuerberater, Master of International Taxation, Fachberater für Zölle und Verbrauchsteuern

Bildquelle: www.fotalia.com

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