Deutsche Erbschaftsteuer (Teil 2)
von Peter Scheller
Deutschland hat eine Erbschaft- und Schenkungsteuer, die Erbschaften und Schenkungen im nationalen und internationalen Kontext einer Besteuerung unterwirft. Diese umfasst die Vermögensübertragung von Steuerinländern und Steuerausländern. Sofern die steuerpflichtigen Personen im Inland ansässig sind, unterliegt das weltweite Vermögen im Erbfall der Steuer (unbeschränkte Steuerpflicht). Bei Steuerausländern wird im Regelfall nur das deutsche Vermögen besteuert (beschränkte Steuerpflicht), wobei es insbesondere für Steuerinländer, die ihre Ansässigkeit in das Ausland verlegen, Ausnahmen gibt. Wir werden in einer Serie von Artikeln die Szenarien grenzüberschreitender Erbfälle und Schenkungen aus deutscher Sicht beschreiben. Dies ist der zweite Teil.
Grundzüge des deutschen Erbschaftsteuerrechtes
Steuerpflicht in Deutschland
Grundsätzlich wird das Erbschaftsteuerrecht von zwei Parametern bestimmt. Dies ist einerseits die steuerpflichtige Person, die nach deutschem Erbschaftsteuerrecht der Erblasser (und bei Schenkungen der Schenker) und der Erwerber (Erbe, Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigter, Beschenkter) sein kann. Der zweite Faktor ist das unentgeltlich übertragene Vermögen. Rein inländische Sachverhalte liegen nur dann vor, wenn alle beteiligten Personen in Deutschland ihren alleinigen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt haben und das gesamte übertragene Vermögen in Deutschland belegen ist.
Grenzüberschreitende Sachverhallte liegen immer dann vor, wenn folgende Szenarien vorliegen:
- Beteiligte sind im Inland und im Ausland ansässig. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Erblasser im Inland und der Erbe im Ausland ansässig sind.
- Besondere Rechtsfolgen ergeben sich dann, wenn die Beteiligten selbst in zwei oder mehreren Staaten ansässig sind. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine Person in mehreren Staaten einen Wohnsitz hat.
- Beteiligte sind im Inland ansässig und es wird ausländisches Vermögen übertragen.
- Beteiligte sind im Ausland ansässig und es wird inländisches Vermögen übertragen.
Nur in Ausnahmefällen kommt es zur Erbschaftbesteuerung in Deutschland, wenn weder die Beteiligten im Inland ansässig sind noch inländisches Vermögen übertragen wird. Dies gilt beispielsweise für im Ausland lebende und tätige Staatsbedienstete oder deutsche Staatsbürger für einen Zeitraum von fünf Jahren nach Wegzug aus Deutschland.
Hinweis: Sofern deutsche Staatsbürger in die USA ziehen, beträgt der Zeitraum zehn Jahre nach Wegzug.
Sofern der Erblasser, der Schenker oder der Erwerber ihren Wohnsitz oder ihren ständigen Aufenthalt im Inland haben, liegt die unbeschränkte Steuerpflicht vor. Bei unbeschränkter Steuerpflicht wird das weltweite Vermögen erfasst.
Beschränkt steuerpflichtige Personen sind solche, die im Inland weder ihren Wohnsitz noch ihren ständigen Aufenthalt haben. Besteuert wird bei diesen Personen nur das Inlandsvermögen.
Steuerklassen
Die Besteuerungshöhe hängt in Deutschland im Wesentlichen von der familiären Nähe zwischen übertragender Person (Erblasser, Schenker etc.) und empfangender Person (Erbe, Vermächtnisnehmer, Beschenkter etc.) ab. Je näher die Familienbeziehung, umso vorteilhafter wird das Steuerregime (z.B. in Bezug auf Steuersätze, persönliche Freibeträge etc.). Zur Unterscheidung gibt es im deutschen Erbschaftsteuerrecht drei unterschiedliche Steuerklassen:
Steuerklasse |
Personengruppe |
I |
Ehegatte, Lebenspartner, Kinder und Stiefkinder, die Abkömmlinge der Kinder und Stiefkinder, Eltern und Voreltern bei Erwerben von Todes wegen |
II |
Eltern, Voreltern (wenn nicht Steuerklasse I), Geschwister, Abkömmlinge von Geschwistern, Stiefeltern, die Schwiegerkinder, die Schwiegereltern, der geschiedene Ehegatte und der Lebenspartner einer aufgehobenen Lebenspartnerschaft |
III |
andere Personen |
Steuerbefreiungen und Freibeträge
Es gibt diverse sachliche und persönliche Steuerbefreiungen. Eine sachlicheSteuerbefreiung ist beispielsweise die für den Hausrat bis zu einem Wert von 41.000 Euro. Daneben gibt es vollständige oder teilweise Befreiungen für Betriebsvermögen, wesentliche Beteiligungen an Kapitalgesellschaften und Wohnimmobilien.
Für unbeschränkt steuerpflichtige Personen gibt es folgende persönlichen Freibeträge:
Steuer-klasse |
Verwandtschaftsverhältnis |
Euro |
I |
Ehegatte / Lebenspartner |
500,000 |
I |
Kinder, Stiefkinder, Kinder von verstorbenen Kindern |
400,000 |
I |
Enkel |
200,000 |
I |
andere Personen der Steuerklasse I |
100,000 |
II + III |
andere Personen |
20,000 |
Unter gewissen Bedingungen kann der Ehegatte einen besonderen Versorgungsfreibetrag von 256.000 Euro geltend machen. Für Kinder bis zum 27. Lebensjahr werden nach Alter abgestufte Versorgungsfreibeträge gewährt.
Beschränkt steuerpflichtige Personen können unter bestimmten Bedingungen entsprechende Freibeträge geltend gemacht werden.
Steuersätze
Die Steuersätze hängen von der Steuerklasse und der Höhe des steuerpflichtigen Erwerbs ab.
Steuerpflichtiger Erwerb Euro |
Steuerklasse I % |
Steuerklasse II % |
Steuerklasse III % |
75,000 |
7 |
15 |
30 |
300,000 |
11 |
20 |
30 |
600,000 |
15 |
25 |
30 |
6,000,000 |
19 |
30 |
30 |
13,000,000 |
23 |
35 |
50 |
26,000,000 |
27 |
40 |
50 |
höhere Beträge |
30 |
43 |
50 |
Bewertung
Die Bewertung erfolgt grundsätzlich mit dem gemeinen Wert. Besondere Bewertungsregeln gibt es insbesondere für das Betriebsvermögen, das Grundvermögen und Gesellschaftsanteile an Kapitalgesellschaften.
Schuldenabzug
Schulden des Erblassers können dann abgezogen werden, wenn sie im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem steuerpflichtigen Vermögen stehen. Die Erben können auch Vermächtnisse abziehen. Daneben können Erbfallschulden wie Beerdigungskosten, Kosten des Grabdenkmals und die üblichen Grabpflegekosten und Kosten der Nachlassabwicklung abgezogen werden. Bei Schenkungen können grundsätzlich dieselben Schulden außer den erbfallbezogenen Schulden abgezogen werden.
Im Gegensatz zu anderen Staaten, können auch bei beschränkter Steuerpflicht mit dem steuerpflichtigen Inlandsvermögen zusammenhängende Schulden abgezogen werden.
Zehnjahreszeitraum
Sofern eine Person von einer anderen Person innerhalb von zehn Jahren mehrere Erwerbe erhält, sind diese zusammenzurechnen. Hat also Erbe innerhalb von zehn Jahren vor Tod des Erblassers Schenkungen erhalten, sind alle Vermögenanfälle (Erbteil und Schenkungen) zusammen zu rechnen. Wurde auf frühere Erwerbe (Schenkungen) eine Schenkungsteuer erhoben, ist diese auf die endgültige Steuer anzurechnen.
Hinweis: Sobald der Zehnjahreszeitraum abgelaufen ist, kann eine Person mögliche Freibeträge erneut ausnutzen. In solchen Situationen können im Familienverbund persönliche Freibeträge mehrmals genutzt werden, wenn der Zehnjahreszeitraum abgewartet wird.
Anzeigepflicht
Jeder Erwerber (und bei Schenkungen auch der Schenker) müssen einen steuerlichen Erwerb anzeigen. Die Frist beträgt drei Monate nach Kenntnis des steuerbaren Vorgangs. Die Anzeige muss auch erfolgen, wenn aufgrund von Freibeträgen offensichtlich ist, dass keine Steuer entstehen wird. Auch ausländische Erwerber und ggf. auch ihre gesetzlichen Vertreter (z.B. der Trustee eines anglo-amerikanischen Trusts) sind anzeigepflichtig.
In der Folge kann das Finanzamt von jedem möglichen Steuerpflichtigen die Abgabe einer Erbschaft- oder Schenkungsteuererklärung verlangen.
Autoren:
Peter Scheller, Steuerberater, Master of International Taxation, Fachberater für Zölle und Verbrauchsteuern
Rainer Scheller, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater
Bildquelle: www.fotalia.com
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