Peter Scheller
Berater für Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Steuer- und Unternehmensberater

„Wenn es knifflig wird.“

Deutsche Erbschaftsteuer (Teil 3)

von Peter Scheller

Deutschland hat eine Erbschaft- und Schenkungsteuer, die Erbschaften und Schenkungen im nationalen und internationalen Kontext einer Besteuerung unterwirft. Diese umfasst die Vermögensübertragung von Steuerinländern und Steuerausländern. Sofern die steuerpflichtigen Personen im Inland ansässig sind, unterliegt das weltweite Vermögen im Erbfall der Steuer (unbeschränkte Steuerpflicht). Bei Steuerausländern wird im Regelfall nur das deutsche Vermögen besteuert (beschränkte Steuerpflicht), wobei es insbesondere für Steuerinländer, die ihre Ansässigkeit in das Ausland verlegen, Ausnahmen gibt. Wir werden in einer Serie von Artikeln die Szenarien grenzüberschreitender Erbfälle und Schenkungen aus deutscher Sicht beschreiben. Dies ist der dritte Teil.

Ehepartner im deutschen Erbschaftsteuerrecht

Das deutsche Erbschaftsteuerrecht basiert auf dem unentgeltlichen Erwerb von Vermögen. Als Erwerbsbesteuerung berücksichtigt es im besonderen Maße die familiäre Nähe zwischen Übergeber und Erwerber, beispielsweise zwischen Erblasser und Erben.

Aus Sicht des deutschen Erbschaftsteuerrechts ist der überlebende Ehegatte die Person, die am meisten begünstigt wird. Der überlebende Ehegatte fällt in die Steuerklasse I, die die niedrigsten Steuersätze zur Anwendung bringt. Gleichzeitig hat der überlebende Ehegatte den höchsten persönlichen Freibetrag von 500.000 Euro. Daneben erhält der Ehegatte einen zusätzlichen Versorgungsfreibetrag. Der Versorgungsfreibetrag ist um den Barwert von nicht der Erbschaftsteuer unterliegenden Versorgungsbezügen zu kürzen. Dies sind beispielsweise Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Hinterbliebenenbezüge aus einer betrieblichen Versorgungszusage.

Eine weitere Besonderheit ergibt sich aus dem deutschen Ehegüterrecht. In Deutschland können Ehepartner zwischen drei unterschiedlichen Güterständen wählen. Bei der Gütergemeinschaft wird das Vermögen beider Ehepartner zu gesamthänderisch gebundenem, gemeinschaftlichem Vermögen. Bei der Gütertrennung bleibt das Vermögen beider Ehepartner sowohl verwaltungs- als auch vermögensmäßig streng getrennt. Sofern die Ehegatten nichts Besonderes vereinbaren, ist der gesetzliche Güterstand (die Zugewinngemeinschaft) anzuwenden.

Bei der Zugewinngemeinschaft handelt es sich um den Güterstand der Gütertrennung mit Ausgleichsanspruch am Ende der Ehe. Für das Ende einer Lebenspartnerschaft gelten die folgenden Ausführungen gleichermaßen. Auszugleichen ist der unterschiedliche Wertzuwachs während Bestehens der Ehe. Hierzu ist für beide Ehepartner getrennt das Vermögen zu Beginn und das zum Ende der Ehe zu ermitteln. Der Ehepartner, der den höheren Vermögenszuwachs erzielt hat, muss dem Ehepartner mit dem geringeren Vermögenszuwachs die Hälfte der Differenz zwischen beiden Vermögenszuwächsen ausgleichen. Der Ausgleichsanspruch ist eine Geldforderung.

Im Fall des Todes einer der Ehepartner entsteht häufig kein Ausgleichsanspruch, beispielsweise weil der überlebende Ehegatte Erbe wird. Dennoch kann der überlebende Ehegatte einen fiktiven Ausgleichsanspruch geltend machen. Dieser entspricht wertmäßig dem Betrag, den der ausgleichsberechtigte Ehepartner zu Lebzeiten gehabt hätte. Entsteht zu Lebzeiten der Ehepartner ein Ausgleichsanspruch, unterliegt dieser nicht der Schenkungsteuer.

Im internationalen Kontext können sich komplexe Situationen ergeben, wenn deutsches Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Ehegüterrecht auf das jeweilige Auslandsrecht treffen. Für Altehen, die vor dem 28.01.2019 geschlossen wurden, gilt deutsches Ehegüterrecht, wenn beide Ehegatten deutsche Staatsangehörige sind. Sofern einer der Ehepartner eine andere Staatsbürgerschaft hat, ist deutsches Ehegüterrecht anwendbar, wenn der gewöhnliche Aufenthalt der Ehepartner zum Zeitpunkt der Eheschließung im Inland lag. Ohne eine vertraglich mögliche Wahl eines anderen Güterstandes bleibt es nach deutschem Güterrecht bei demjenigen zum Zeitpunkt der Eheschließung. Ausländisches Ehegüterrecht knüpft häufig an den ersten Ehewohnsitz an, wobei auch Wohnsitzwechsel zu einer Änderung des anzuwendenden Rechts führen können.

Um den oben dargestellten fiktiven Ausgleichsanspruch in Deutschland geltend machen zu können, wird im Regelfall die Anwendbarkeit deutschen Güterrechts notwendig sein. Dies ist durch Rechtsformwahl der Eheleute möglich. Heute ist eine Rechtsformwahl aufgrund EU-Güterrechtsverordnung auch mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Eheschließung zumindest im EU-Raum möglich.

Das folgende Beispiel zeigt, welche Probleme sich ergeben können:

Der Jordanier J und die Deutsche D haben im Jahr 2015 geheiratet. Beide hatten zum Zeitpunkt der Eheschließung den gewöhnlichen Aufenthalt in Jordanien. Da sie keine Güterstandsvereinbarung getroffen haben, ist der in Jordanien geltende gesetzliche Güterstand der Gütertrennung anwendbar.

Die Eheleute ziehen im Jahr 2020 nach Deutschland um. Die Eheleute können nunmehr zumindest nach deutschem Recht vereinbaren, dass deutsches Güterrecht zur Anwendung kommen soll. Kommt danach rückwirkend die Zugewinngemeinschaft zur Anwendung, kann auch die Nichtsteuerbarkeit einer Ausgleichsforderung erreicht werden.

Hinweise:

  • Insbesondere bei Ehe zwischen Partnern unterschiedlicher Nationalität sollte bereits bei Eheschließung geklärt werden, welches Güterrecht und welcher Güterstand zur Anwendung kommen soll.
  • In vielen europäischen Staaten gilt als gesetzlicher Güterstand die Errungenschaftsgemeinschaft. Ob eine Auflösung der Errungenschaftsgemeinschaft erbschaftsteuerlich der Auflösung einer Zugewinngemeinschaft gleichzusetzen ist, ist bisher nicht geklärt. Im EU-Ausland könnte dies aufgrund der Freizügigkeitsrechte in der Union wahrscheinlich sein. Ob es auch bei Nicht-Mitgliedsstaaten wie der Schweiz gilt, ist ungeklärt.

Autoren:

Peter Scheller, Steuerberater, Master of International Taxation, Fachberater für Zölle und Verbrauchsteuern

Rainer Scheller, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Bildquelle: www.fotalia.com

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