Deutsche Erbschaftsteuer (Teil 4)
von Peter Scheller
Grenzüberschreitende Sachverhalte werden von der deutschen Erbschaftsteuer erfasst, wenn ein Anknüpfungspunkt in Deutschland besteht. Auf der personellen Ebene ist dies der Fall, wenn entweder der Erblasser oder der Empfänger (Erbe, Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigte) im Inland ansässig sind. Sachlich ist der Anknüpfungspunkt im Inland belegenes Vermögen.
Inlandsvermögen
Der Begriff des Inlandsvermögen hat im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht eine wesentliche Bedeutung. Die beschränkte Steuerpflicht liegt vor, wenn weder Erblasser noch Erwerber im Inland ansässig sind, aber Inlandsvermögen vererbt oder verschenkt wird. Folgende Vermögensgegenstände stellen Inlandsvermögen dar:
Zum Inlandsvermögen gehören:
- inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen.
- inländisches Grundvermögen.
- inländisches Betriebsvermögen. Als solches gilt das Vermögen, das einem im Inland betriebenen Gewerbe dient, wenn hierfür im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist.
- Anteile an einer Kapitalgesellschaft, wenn
- diese Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat und
- der Gesellschafter entweder allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mindestens mit 10% unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist.
- Erfindungen, Gebrauchsmuster und Topographien, die in ein inländisches Buch oder Register eingetragen sind.
- Überlassung (Vermietung und Verpachtung) von Wirtschaftsgütern an einen inländischen Gewerbebetrieb.
- Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden und andere Forderungen oder Rechte, wenn sie durch inländischen Grundbesitz, durch inländische grundstücksgleiche Rechte oder durch Schiffe, die in ein inländisches Schiffsregister eingetragen sind, unmittelbar oder mittelbar gesichert sind.
- Forderungen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter und aus partiarischen Darlehen, wenn der Schuldner Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat.
- Nutzungsrechte an einem der vorgenannten Vermögensgegenstände.
Sofern im Inland befindliche Gegenstände nicht in der vorstehenden Liste enthalten sind, fallen sie nicht unter die beschränkte Steuerpflicht. Dies gilt beispielsweise für Geldkonten oder Wertpapiere bei deutschen Banken, Kunstgegenstände und Hausrat.
Hinweise:
Sofern im Ausland keine Erbschaftsteuer erhoben wird oder die Steuerbelastung niedriger als in Deutschland ist, kann es sinnvoll sein, die beschränkte Steuerpflicht in Deutschland zu vermeiden oder zu minimieren. Dies gilt beispielsweise für Schweizer oder US-Amerikaner, die im Inland Immobilien besitzen. Dies gilt für Schweizer, weil die meisten Kantone keine oder nur eine sehr niedrige Erbschaftsteuer erheben, wenn Vermögen im Familienkreis vererbt wird. Für US-Amerikaner gilt dies, weil für Nachlässe von US-amerikanischen Staatsbürgern momentan ein sehr hoher Freibetrag gewährt wird.
Folgende Maßnahmen sind denkbar:
- Es wird in Vermögen investiert, dass in Deutschland nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegt. Dies können beispielsweise Bankguthaben oder Wertpapiere im Streubesitz sein, die bei deutschen Banken gehalten werden.
- In Deutschland belegenes Vermögen, insbesondere inländische Immobilien, werden nicht direkt, sondern durch eine ausländische Kapitalgesellschaft gehalten. Dies schirmt im Erbfall die deutsche Immobilie steuerlich ab.
- Sofern Investitionen in Deutschland fremdfinanziert werden sollen, kann durch ein bewusstes Herstellen eines Zusammenhangs zwischen Investition (insbesondere der Anschaffung einer deutschen Immobilie) und Schuldaufnahme ein Abzug der Schulden hergestellt werden. Die Schuldaufnahme muss im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Erwerb, der Verbesserung oder Instandhaltung der Immobilie stehen.
Bei allen Planungen ist zu bedenken, dass diese auch einkommensteuerliche Auswirkungen haben, die eventuell nachteilig wirken.
Steueranrechnung
Sofern Personen im Inland unbeschränkt steuerpflichtig sind und über Auslandsvermögen verfügen, kann unter gewissen Umständen eine vergleichbare ausländische Steuer auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet werden. Ist das ausländische Vermögen in mehreren Staaten belegen, ist die Freibetragsberechnung für jeden Staat gesondert durchzuführen.
Die Regelung zur Anrechnung ausländischer Steuern enthält allerdings Besonderheiten, die die vollständige Anrechnung ausländischer Steuern verhindert:
- Die ausländische Steuer muss mit der deutschen Erbschaftsteuer vergleichbar sein. Viele Staaten erheben aber keine Erbschaftsteuer, sondern besteuern im Rahmen der Einkommensteuer im Erbfall eine „fiktive“ Veräußerung. Dies gilt beispielsweise für Kanada oder Schweden. Der Bundesfinanzhof hat in einem Kanadafall entschieden, dass die kanadische Wertzuwachssteuer wegen fehlender Vergleichbarkeit nicht auf die deutsche Erbschaftsteuer anrechenbar sei.
- Einige Staaten – wie beispielsweise Portugal oder Italien – erheben Registergebühren. Ob diese anrechenbar sind, ist bisher nicht abschließend geklärt.
- Anrechenbar ist eine ausländische Erbschaftsteuer nur, wenn diese auf das Auslandsvermögen erhoben wird. Auslandsvermögen ist spiegelbildlich, was im umgekehrten Fall als Inlandsvermögen klassifiziert wird. Das bedeutet beispielsweise, dass eine ausländische Erbschaftsteuer auf bei ausländischen Banken befindliche Bankguthaben oder Wertpapiere im Streubesitz auf die deutsche Erbschaftsteuer deutscher Staatsangehöriger nicht angerechnet werden kann. Der Europäische Gerichtshof hat in der Rechtssache Block (Urteil vom 12. Februar 2009 - C-67/08) festgestellt, dass eine Doppelbesteuerung in einem deutsch-spanischen Erbfall nicht gegen europäische Freiheitsrechte verstößt.
- Weitere Probleme bestehen dann, wenn der Zeitpunkt der Besteuerung im In- und im Ausland auseinanderfallen. Liegt die Besteuerung nicht länger als fünf Jahre auseinander, ist eine Anrechnung in Deutschland möglich, soweit die anderen Voraussetzungen vorliegen.
Doppelbesteuerungsabkommen
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) führen im Regelfall dazu, dass eine Doppelbesteuerung vermieden oder zumindest gemildert wird. Das deutsche Netz von Erbschaftsteuer-DBA ist sehr limitiert. DBA bestehen mit den USA, der Schweiz, Frankreich, Schweden, Dänemark und ein sehr altes Abkommen mit Griechenland. Das Abkommen mit Schweden wird in der nächsten Revision aufgehoben werden, was wegen der fehlenden Erbschaftsteuer in Schweden nachvollziehbar ist. Hinsichtlich des Abkommens mit der Schweiz ist zu beachten, dass dieses nur auf Erbschaften, aber nicht auf Schenkungen anwendbar ist.
Trust
Trusts sind Rechtsgebilde, die dem deutschen Recht unbekannt sind. Für sie gibt es sowohl im Einkommen- als auch im Erbschaftsteuerrecht Besonderheiten. Einzelheiten siehe hier.
Autoren:
Peter Scheller, Steuerberater, Master of International Taxation, Fachberater für Zölle und Verbrauchsteuern
Rainer Scheller, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater
Bildquelle: www.fotalia.com
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