Peter Scheller
Berater für Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Steuer- und Unternehmensberater

„Wenn es knifflig wird.“

Die „ewige“ Verjährung

von Peter Scheller

Das deutsche Steuerrecht sieht verschiedene Verjährungsregelungen vor. Diese Regelungen dienen dazu, dass nach einem bestimmten Zeitpunkt Steuerfestsetzungen nicht mehr geändert werden können. Dies dient dazu,  mit Ablauf der Frist Rechtsfrieden zwischen den Beteiligten eintreten zu lassen. Im vorliegenden Fall kam es zu einer Steuerfestsetzung nach mehr als zwanzig Jahren.

Die Festsetzungsverjährung

Für Steuern und Steuervergütungen beträgt die Festsetzungsfrist vier Jahre. Hiervon gibt es diverse Abweichung. Für Verbrauchsteuern beträgt die Frist ein Jahr. Für Zölle und andere Einfuhrabgaben gilt eine Frist von drei Jahren. Für Steuerordnungswidrigkeiten und Steuerstraftaten verlängert sich die Frist auf fünf bzw. zehn Jahre.

Grundsätzlich beginnt sie mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Wichtiger ist die Regelung für Steuern, für die Erklärungen oder Anmeldungen abzugeben sind. In solchen Fällen beginnt die Frist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung oder -anmeldung abgegeben wird, spätestens aber mit dem dritten Kalenderjahr, nachdem die Steuer entstanden ist.

Beispiel: Ein Steuerpflichtiger gibt seine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 im Jahr 2016 ab. Die Frist beginnt mit Ablauf des Jahres 2016 und endet damit am 31.12.2020.

Hinweis: Je später man Steuererklärungen abgibt umso später endet die Festsetzungsfrist.

Die Ablaufhemmung bei einer Betriebsprüfung

Es gibt eine Anzahl von Anlässen, bei denen die Ablauf der Frist gehemmt wird. Wichtige Fälle sind Einspruch und Betriebsprüfung. Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer steuerlichen Außenprüfung (Betriebsprüfung) begonnen, so läuft die Frist nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Hiervon gibt es allerdings Ausnahmen bzw. Einschränkungen:

  • Die Hemmung gilt nicht, wenn unmittelbar nach Beginn die Prüfung diese für eine Dauer von sechs Monaten aufgrund von den Finanzbehörden zu vertretenen Umständen unterbrochen wird.
  • Die o.g. Festsetzungsfristen beginnen erneut mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat.
  • Findet keine Schlussbesprechung statt, beginnt die o.g. Frist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungshandlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben.

Fall des Beschlusses des BVerfG

Dem Beschluss der BVerfG vom 21.07.2016 (1 BvR 3092/15) lag folgender Fall zugrunde:

Das Finanzamt begann bei der Beschwerdeführerin im Jahr 1980 mit einer Betriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 1974 bis 1978. Nach einer Unterbrechung wurde die Außenprüfung im Jahr 1995 fortgesetzt. Die Schlussbesprechung fand Ende 1996 statt. Das Finanzamt erließ daraufhin im Jahr 1997 geänderte Steuerbescheide. Dagegen klagte das Unternehmen und berief sich darauf, dass Verjährung eingetreten sei. Hiergegen klagte das Unternehmen. Der Bundesfinanzhof verneinte als letztinstanzliches Gericht den Eintritt der Festsetzungsverjährung. Die Ablaufhemmung richte sich nicht nach dem Zeitpunkt der letzten Ermittlungshandlung im Jahr 1989, sondern nach dem Zeitpunkt der Schlussbesprechung im Jahr 1996. Das Unternehmen legte Verfassungsbeschwerde ein und rügte vor allem die Verletzung der Prinzipien der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens. Die Auslegung des BFH führe zu einer ewigen Verjährung unter Kontrolle der Finanzverwaltung.

Die Entscheidung des BVerfG

Das BVerfG bestätigt die Auffassung des BFH und hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Die Entscheidung des BFH führe nicht zu einer „ewigen Verjährung“ unter Kontrolle der Finanzverwaltung, weil der Steuerpflichtige den Verjährungseintritt selbst herbeiführen könne, indem der auf die Schlussbesprechung verzichte.

Die Konsequenzen

Für Steuerpflichtige ergeben sich hieraus verschiedene Konsequenzen:

  • Eine Verjährung kann für lange Zeiträume gehemmt sein, manchmal über Jahrzehnte hinweg. Steuerpflichtige müssen entsprechende Verfahren immer unter Kontrolle behalten, um ggf. die Ablaufhemmung durch geeignete Maßnahmen zu beenden. Dies gilt nicht nur für die Festsetzungs- sondern beispielsweise auch für die Zahlungsverjährung.
  • Im vorliegenden Fall ist es nicht darauf angekommen, ob der Steuerpflichtige oder das Finanzamt die überlange Betriebsprüfungsdauer zu vertreten hat.
  • Das geeignete Mittel wäre für den Steuerpflichtigen gewesen, auf die Schlussbesprechung zu verzichten. Dies hätte die Finanzverwaltung gezwungen, tätig zu werden.
  • Steuerpflichtige und ihre Berater sollten entsprechende Verfahren nicht „vergessen“. Ansonsten kann es sein, dass auch noch nach Jahrzehnten Steuern festgesetzt werden.

Autor: Peter Scheller, Steuerberater – Master of International Taxation

Bildquelle: www.fotalia. com

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