Peter Scheller
Berater für Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Steuer- und Unternehmensberater

„Wenn es knifflig wird.“

Doppelbesteuerung bei Share Deals

von Peter Scheller

Übertragung von Grundstücksgesellschaftsanteilen

Wer bei Share Deals das Signing und Closing zeitlich trennt, muss beide Erwerbsvorgänge fristgerecht und vollständig anzeigen. Sonst droht trotz § 16 Abs. 4a GrEStG eine doppelte Grunderwerbsteuer – so das FG Baden-Württemberg im Beschluss vom 16.05.2025 – 5 V 846/25 (AdV abgelehnt). Die Beschwerde ist beim BFH unter II B 47/25 (AdV) anhängig. Parallel hat der BFH im Beschluss vom 09.07.2025 – II B 13/25 (AdV) ernstliche Zweifel an Doppel-Festsetzungen geäußert, wenn der Finanzverwaltung das Closing bereits bekannt ist.

Der Fall

Ein Share Deal ist der Erwerb von Anteilen an einer (in- oder ausländischen) Gesellschaft, die inländischen Grundbesitz hält – statt eines direkten Kaufs des Grundstücks (Asset Deal).

Im entschiedenen Fall lag ein klassischer Signing-Closing-Fall vor. Nach Abschluss des schuldrechtlichen Anteilskaufvertrags (Signing) erfolgte der dingliche Anteilübergang (Closing) zu einem späteren Zeitpunkt. Beide Vorgänge fielen zeitlich nach dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2022. Nur das Closing wurde nicht angezeigt. Der Erwerber beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV) gegen die zweifache Grunderwerbsteuer-Festsetzung – ohne Erfolg. Das Gericht hielt eine Doppel-Festsetzung für rechtmäßig, wenn die Anzeige des zweiten Vorgangs fehlt.

Kernaussagen des FG Baden-Württemberg

  • Es handelt sich um zwei selbständige Erwerbsvorgänge.

  • Eine Entlastung von der doppelten Besteuerung erfolgt nur, wenn beide Vorgänge fristgerecht und vollständig angezeigt werden.

  • Es liegt kein verfassungsrechtlicher Verstoß (z.B. gegen das Übermaßverbot) vor, weil der Gesetzgeber die Entlastung bewusst an die Anzeigepflicht geknüpft hat. Die Frage einer Rückwirkung ließ das Finanzgericht offen.

Einordnung durch den BFH (Parallelentscheidung)

Der BFH hat wenige Wochen später in einem anderen AdV-Verfahren (Vorverfahren Finanzgericht Berlin-Brandenburg) entschieden: Es ist rechtlich zweifelhaft, dass doppelt Grunderwerbsteuer festzusetzen ist, wenn Signing und Closing zeitlich auseinanderfallen und dem Finanzamt bei der zweiten Festsetzung das bereits erfolgte Closing bekannt war. Folge: Adv wurde gewährt.

Anzeige und Fristen

Die Anzeigefrist besteht zwei Wochen ab Kenntnis; ein Monat für bestimmte ausländische Steuerschuldner. I

Wichtig: Die Notaranzeige ersetzt die eigene Anzeigepflicht nicht.

Hinweise für Fonds und Corporate M&A-Teams

  1. Doppel-Anzeige sollte im Deal-Covernance-System fest verankern verankert werden.

  2. Closing-Workflow: Closing-Protokoll, Zuständigkeiten, Checkliste und dokumentierte Absendung.

  3. Notaranzeigen sind hilfreich, entbinden die Beteiligten aber nicht von der eigenen Anzeigepflicht. Das ist vertraglich klar zu regeln und intern zu kontrollieren.

  4. Bei Anzeigefehlern ist schnell zu handeln:

    • Nachmelden und Antrag nach § 16 Abs. 4a stellen (sofern noch möglich),

    • Einspruch/AdV prüfen – insbesondere, wenn das Finanzamt beim zweiten Bescheid das Closing kannte (Verweis auf BFH II B 13/25).

Abkürzungsverzeichnis

AdV

Aussetzung der Vollziehung

BFH

Bundesfinanzhof

FG

Finanzgericht

GrESt

Grunderwerbsteuer

JStG

Jahressteuergesetz

M&A

Mergers & Aquisition

Autor: Peter Scheller, Steuerberater - Master of International Taxation - Fachberater für Zölle und Verbrauchsteuern

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