Peter Scheller
Berater für Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Steuer- und Unternehmensberater

„Wenn es knifflig wird.“

Einfuhrumsatzsteuer: Haftung des Geschäftsführers

von Peter Scheller

Einfuhrumsatzsteuer: Haftung des Geschäftsführers

Geschäftsführer unterschätzen häufig die persönliche Haftung aus Steuerschulden der von ihnen vertretenen GmbH. Dies gilt insbesondere, wenn die Gesellschaft in wirtschaftliche Schieflage gerät und insolvent wird. Ein entsprechender Fall lag das Urteil des Finanzgerichtes Düsseldorf vom 22.11.2016 (4 K 1746/16 H und 4 K 1748/16 H) zugrunde.

Im zu entscheidenden Fall erließ das zuständige Hauptzollamt im Januar und Februar 2011 gegen eine GmbH zwei Einfuhrabgabenbescheiden und setze eine Einfuhrumsatzsteuer von insgesamt über 114.000 Euro fest. Vor dem Fälligkeitstermin Mitte 2011 beantragte der Geschäftsführer der GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens wurde die Einfuhrumsatzsteuer nicht bezahlt. Im Jahr 2015 nahm das Hauptzollamt den Geschäftsführer auf die gesamte Summe in Haftung.

Das Finanzgericht entschied, dass bei einem bewilligten Zahlungsaufschub ein Geschäftsführer für Einfuhrumsatzsteuer in voller Höhe haftet. Der Grundsatz der anteiligen Tilgung findet keine Anwendung. Das Finanzgericht begründet seine Entscheidung wie folgt:

Eine Person kann unter anderem dann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wenn Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässig herbeigefügter Pflichtverletzung nicht oder zu spät entrichtet werden. Das Gericht sah in der fehlenden finanziellen Vorsorge eine grobe Pflichtverletzung. Es sah auch keine entschuldbare Pflichtenkollision aufgrund der Bestimmungen des § 64 GmbHG an, aufgrund dessen Insolvenzverwalter häufig Geschäftsführer, die im direkten Vorfeld einer Insolvenz Zahlungen an Schuldner der Gesellschaften leisten, in Haftung nehmen.

Hinweise:

(1) Auszug aus § 64 GmbHG:

Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden. Dies gilt nicht von Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind.

(2) Diese Rechtsprechung bringt einen Geschäftsführer im direkten Vorfeld einer Insolvenz in einen kaum auflösbaren Konflikt. Tilgt er vorrangig Steuern und Abgaben, riskiert er, später vom Insolvenzverwalter in Anspruch genommen zu werden. Tut er es nicht, haftet er gegenüber den Finanzbehörden.

(3) Im vorliegenden Fall nützte es dem Geschäftsführer auch nichts, dass die Einfuhrabgaben erst nach dem der Antragstellung auf Insolvenzeröffnung fällig waren. Dabei ist die Begründung des Finanzgerichts inkonsistent. Nach der Urteilsbegründung muss der Geschäftsführer nämlich finanzielle Vorsorge für die Zahlung fällig werdender Steuern treffen. Was wäre, wenn der Geschäftsführer eine entsprechende finanzielle Vorsorge getroffen aber aufgrund der späteren Fälligkeit die Zahlung noch nicht geleistet hätte? Nach Antrag auf Insolvenzeröffnung würde der vorläufige Insolvenzverwalter die Zahlung der Abgaben trotz ausreichender Mittel verweigern. Muss der Geschäftsführer in diesem Fall die Abgaben vor Fälligkeit abführen oder muss er nur beweisen, dass er finanzielle Vorsorge getroffen hat?

(4) Einen Schwachpunkt in der Verteidigung des Geschäftsführers gibt es, den das Finanzgericht aber gar nicht bemüht hat. Die Fälligkeit der Einfuhrabgabenbescheide erfolgte aufgrund eines bewilligten laufenden Zahlungsaufschubs erst ein bis eineinhalb Monate nach Erlass der Einfuhrabgabebescheide. Im vorliegenden Fall besteht die Vermutung, dass eine geschriebene oder ungeschriebene Bewilligungsvoraussetzung die Verpflichtung der Geschäftsleitung ist, bei sich abzeichnender wirtschaftlicher Risikolage die zuständige Zoll- oder Steuerbehörden zu informieren. In diesem Fall hätte das Hauptzollamt die Bewilligung sofort widerrufen können, was zur sofortigen Fälligkeit der Abgaben geführt hätte. Im vorliegenden Fall hatte der Geschäftsführer das Hauptzollamt aber erst nach Antrag auf Insolvenzeröffnung informiert.

Autor: Peter Scheller, Steuerberater – Master of International Taxation – Fachberater für Zölle und Verbrauchsteuern

Bildquelle: www.fotalia.com

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