Peter Scheller
Berater für Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Steuer- und Unternehmensberater

„Wenn es knifflig wird.“

Einfuhrumsatzsteuer und vorübergehende Verwahrung

von Peter Scheller

Einfuhrumsatzsteuer und vorübergehende Verwahrung

Bei der Einfuhr von Waren aus dem Drittland fallen der Ort, an dem die Ware gestellt und derjenige, an dem diese Waren vorübergehend verwahrt werden sollen, häufig auseinander. Dabei hat die Person, die die Ware gestellt, diese innerhalb der von den Zollbehörden in der festgesetzten Frist zum angegebenen Verwahrungsort zu befördern. Das Hessische Finanzgericht hatte einen Fall zu entscheiden, in dem es darum ging, ob Einfuhrabgaben anfallen, wenn die Beförderung kurz nach Ablauf der Frist erfolgt (Hessisches GF vom 27.09.2016, K 1863/13, rechtskräftig).

Das Gericht entschied wie folgt:

(1) Eine Entziehung von Nicht-Unionsware aus der zollamtlichen Überwachung liegt nicht vor, wenn sich im Rahmen einer Zollkontrolle die Prüfbarkeit der Waren nur kurzfristig verzögert hat.

…..

(3) Die Einfuhrumsatzsteuer entsteht nicht, wenn für vorübergehend verwahrte, für einen Empfänger in einem anderen Mitgliedsstaat bestimmte Waren wegen einer Pflichtverletzung ein Einfuhrabgabenbescheid ergeht und die Ware anschließend lediglich mit einem CMR-Frachtbrief statt wie ursprünglich vorgesehen im T1-Versandverfahren in den anderen Mitgliedstaat befördert werden.

Das Finanzgericht tritt der restriktiven Meinung der Zollverwaltung entgegen, die bereits bei kleinen Pflichtverstößen – hier dem kurzzeitigem Überschreiten einer festgesetzten Frist – eine Entstehung der Einfuhrabgaben annimmt. Das Urteil ist zur alten Rechtslage ergangen, dürfte aber auch Bedeutung für entsprechende Regelungen des Unionszollkodex (UZK) haben.

Interessant sind auch die Ausführungen zum Entstehen der Einfuhrumsatzsteuer. Das Finanzgericht bemerkt, dass die Einfuhrumsatzsteuer auch dann nicht entstanden wäre, wenn man ein aktives Entfernen von einem zugelassenen Verwahrungsort subsumiert oder das Überschreiten der Sechs-Stunde-Frist als grob fahrlässiges Verhalten angenommen hätte. Die Einfuhrumsatzsteuer wäre solange nicht entstanden, solange die Ware den Regelungen zur vorübergehenden Verwahrung oder des externen Versandverfahrens unterlegen hätte. Nach dem Erlass des Einfuhrabgabebescheides wurde die weitere vorübergehende Verwahrung hinfällig. Ferner war der Erhalt einer zollrechtlichen Bestimmung durch Überführung in ein anderes Zollverfahren nicht mehr möglich. Da ein externes Versandverfahren (sog. T1-Verfahren) geplant, aber nicht mehr möglich war und der Versand mit CMR-Frachtbrief in einen anderen Mitgliedsstaat erfolgte, entstand die Einfuhrumsatzsteuer nicht. Begründet wird dies damit, dass davon auszugehen sei, dass die Ware in diesem Fall nicht in Deutschland in den Wirtschaftskreis der EU eingegangen sei.

Mit dieser Rechtsprechung begibt sich das Hessische FG auf die Linie der EuGH, die eine Entkoppelung der Einfuhrumsatzsteuer von der Zollschuldentstehung unter gewissen Voraussetzungen vorsieht.

Autor: Peter Scheller, Steuerberater – Master of International Taxation – Fachberater für Zölle und Verbrauchsteuern

Bildquelle: www.fotalia.com

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