Erbschaftsteuerreform: Desaster für den Mittelstand oder nur großes Getöse?
von Peter Scheller
Die Pläne des Bundesfinanzministers zur Reform der Erbschaftsteuer schlägt politisch hohe Wellen. Es ist von der Zerschlagung des Mittelstandes die Rede und vom Ausverkauf an Heuschrecken. Aus dem Finanzministerium wiederum hört man, das die Erbschaftsteuer vor Einführung der Verschonungsregeln 2009 auch zu keinen Unternehmenszusammenbrüchen geführt habe. Was ist den nun richtig?
Die Änderung des Erbschaftsteuerrechts beruht auf einer Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts. Dieses bemängelt die weitgehende Freistellung von Betriebs- und Unternehmensvermögen, während das übrige Vermögen mit den tatsächlichen Werten der Erbschaftsteuer unterläge. Das Argument ist grundsätzlich nicht von der Hand zu weisen. Wieso werden beispielsweise vermietete Wohnimmobilien trotz der immensen sozialen Bedeutung zur Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum nur sehr minimal oder gar nicht entlastet? Es geht eben um die politische Beurteilung guten und schlechten Vermögens. Im Moment ist politisch das Unternehmensvermögen gut und das andere Vermögen schlecht.
Das BVerfG fordert übrigens nicht die vollkommene Abschaffung aller Begünstigungen für die Übertragung betrieblichen Vermögens. Es fordert nur die Prüfung, ob mit den Begünstigungen das politisch gewollte Ziel, nämlich die Erhaltung des Mittelstandes, erreicht wird. Das bisherige Recht schüttet das volle Füllhorn steuerlicher Freistellung über jedwedes betriebliches Vermögen aus, dass gewisse Voraussetzungen erfüllt. Ob es sich um ein Familienunternehmen handelt, ob private oder konstitutionelle Anleger Gesellschafter sind, wie groß das Unternehmen ist oder ob Gesellschafter und Inhaber mitarbeiten; all diese Kriterien sind für die Verschonung vollkommen unerheblich. Es wird grundsätzlich jedes Unternehmensvermögen ganz oder weitgehend von der Besteuerung ausgenommen.
Es stellt sich die Frage, ob eine maßvolle Besteuerung Unternehmen des Mittelstandes wirklich vernichten würde. Nach meiner Erfahrung ist die Antwort hierauf nein. Die wirkliche Klippe kleiner und mittelständischer Unternehmen liegt darin, rechtzeitig geeignete Nachfolger zur finden, die das Unternehmen erfolgreich weiterführen. Das Fehlen geeigneter Nachfolger – und nicht die Erbschaftsteuer – führt zum Unternehmenszusammenbruch oder zum Verkauf an externe Investoren.
Die Erbschaftsteuerreform ist politisch an einer ganz anderen Stelle problematisch. Sie ist jetzt innerhalb von 20 Jahren in Teilaspekten dreimal vom BVerfG kassiert worden. Aufgrund des ganzen politischen Hickhacks wird es wahrscheinlich zu einem neuen Gesetz kommen, das verfassungsrechtlich wieder problematisch wird. Schon kurz nach der letzten Erbschaftsteuerreform 2008 sagten Experten den damaligen Neuregelungen die Feststellung der Verfassungswidrigkeit voraus. Genau so ist es gekommen. Die Rechtsmaterie ist äußerst komplex und politisch motivierte Ausnahmen bergen immer die Gefahr in sich, dass auch das neue Gesetz verfassungsrechtlich bedenklich sein wird.
Man sollte vielleicht von anderen Ländern wie beispielsweise Schweden oder Portugal lernen. Die haben die Erbschaftsteuer ganz abgeschafft. Sie ist einfach zu verwaltungsintensiv und ertragsschwach. Man könnte statt dessen Erbfälle wie fiktive Veräußerungen behandeln und den Wertzuwachs bei der Einkommensteuer erfassen. In Deutschland wird sich das aber wohl nicht durchsetzen lassen. Weshalb, können Sie unter diesem Link nachlesen.
Hinweis: Unternehmer, die die Erbschaftsteuer fürchten, sollten jetzt über eine intelligente vorweggenommene Unternehmensnachfolge nachdenken.
Autor: Peter Scheller, Steuerberater – Master of International Taxation
Bildquelle: www.fotalia.com
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