Ertragsteuerliche Auswirkungen zollrechtlicher Risiken
von Peter Scheller
Die Autoren Peter Scheller, Torsten Hildebrandt und Susanne Zaczek haben in der Zeitschrift Die Steuerberatung (Heft 10/2017, Seite 385) das Thema Ertragsteuerliche Auswirkungen zollrechtlicher Risiken untersucht.
Dabei geht es um folgendes:
Das Zollrecht birgt für Unternehmen, die an grenzüberschreitenden Warenbewegungen beteiligt sind, erhebliche Risiken. Dies gilt einerseits für Unternehmen, die selbst Waren im- oder exportieren. Zollrechtliche Risiken ergeben sich aber auch für Dienstleistungsunternehmen, die für ihre Auftraggeber im Rahmen des Zollrechts tätig werden. Dies gilt für alle Logistikunternehmen wie Spediteure, Frachtführer, Lagerhalter oder Zollagenten und für Verarbeitungsbetriebe, die bestimmte Zollverfahren zur Durchführung von Aufträgen nutzen. Die Risiken beziehen sich auf die Festsetzung von Einfuhrabgaben und auf die Verhängung monetärer Sanktionen durch Zollbehörden oder Gerichte. Damit stellt sich die Frage, wann und in welcher Höhe Einfuhrabgaben zur Bildung einer Rückstellung führen.
Ferner ist zu prüfen, inwieweit zollrechtliche Sanktionen unter die ertragsteuerlichen Abzugsverbote fallen. Verfehlungen können zum Widerruf zollrechtlicher Bewilligungen und damit zum Wegfall verfahrensrechtlicher Erleichterungen führen. Dies kann einen erheblichen Schaden verursachen.
Das Ergebnis der Untersuchung ist folgendes:
Alle Unternehmen, die mit Warenbewegungen über die EU-Außengrenze zu tun haben, müssen sich mit zollrechtlichen Risiken auseinandersetzen. Dies sind einerseits Unternehmen, die Im- und Exporte durchführen. Erhebliche Risiken ergeben sich aber auch für Dienstleister, die zollrechtliche Aufgaben für Auftraggeber übernehmen oder Zollverfahren zur Auftragsabwicklung nutzen. Aus der ordnungsgemäßen zollrechtlichen Abwicklung einer Einfuhr ergeben sich regelmäßig keine besonderen Risiken. Diese können allerdings entstehen, wenn zollrechtliche Besonderheiten wie beispielsweise Antidumping-Zölle oder das Auslaufen eines Zollkontingents übersehen werden. Zu nicht geplanten Zusatzbelastungen kommt es häufig, wenn im Rahmen von Zollprüfungen Fehler festgestellt werden. Potentielle Risikoquellen sind eine falsche Tarifierung, eine unzutreffende Ermittlung des Zollwerts, fehlende oder unzutreffende Ursprungszeugnisse, fehlende oder fehlerhafte Nachweise oder eine unzureichende Dokumentation. Besondere Risiken ergeben sich für Logistikunternehmen, die zollrechtliche Einfuhrformalitäten für ihre Auftraggeber erfüllen. Häufig werden sie Schuldner der Einfuhrabgaben und haften damit für die Einfuhrabgaben ihrer Kunden und dies, obwohl sie die Einfuhrumsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen dürfen. Darüber hinaus drohen Sanktionen in Form von Geldstrafen und Bußgeldern bei vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführten Pflichtverstößen. Bei der Ausfuhr gibt es keine Belastung mit Ausfuhrabgaben, weil die EU momentan keine Ausfuhrzölle erhebt. Gleichwohl können die Sanktionen für pflichtwidriges Verhalten bei der Ausfuhr drastisch sein.
Grundsätzlich sind Einfuhrabgaben für Unternehmen abzugsfähige Betriebsausgaben, selbst wenn die Abgaben „bestrafenden Charakter“ haben oder gegen ein Dienstleistungsunternehmen festgesetzt werden. Unternehmen müssen Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten bilden, wenn mit einer Inanspruchnahme zu rechnen ist. Hierfür ist weder das Vorliegen eines Einfuhrabgabenbescheids noch Kenntnis der Zollbehörden erforderlich, weil Einfuhrabgaben immer ein zollrechtliches Verfahren oder eine zollrechtliche Bestimmung erfordern. Nicht ordnungsgemäß durchgeführte oder abgeschlossene Verfahren führen stets zu Nachfragen der Zollbehörden. Kann die ordnungsgemäße Abwicklung nicht nachgewiesen werden, ergeht immer ein Einfuhrabgabenbescheid. Die Rückstellung ist in Höhe der voraussichtlich anfallenden Einfuhrabgaben zzgl. interner und externer Administrationskosten zu bilden. Mindernde Tatsachen sind zu berücksichtigen. Dies ist die Einfuhrumsatzsteuer, wenn der Abgabenschuldner zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Weitere Minderungsgründe sind die Abwälzbarkeit der Einfuhrabgaben auf den Kunden, Erlass- und Erstattungsmöglichkeiten und Versicherungserstattungen.
Gegen Unternehmen, die zollrechtliche oder andere sich auf Ein- oder Ausfuhr beziehende Regelungen verletzen, drohen Sanktionen in Form von Geldstrafen oder Bußgeldern. Bei beiden gibt es grundsätzlich ein ertragsteuerliches Abzugsverbot. Die Unterscheidung ist wichtig, weil das Abzugsverbot nur für durch inländische Behörden, Gerichte oder Organe der EU verhängte Bußgelder gilt, während das Abzugsverbot für Geldstrafen grundsätzlich für in- und ausländische Strafen gilt. Folglich dürfen im Ausland verhängte Buß- und Ordnungsgelder in Deutschland abgezogen werden. Problematisch sind die Fälle, in denen die Verhängung ausländischer Geldstrafen im Konflikt mit der inländischen Rechtsordnung steht. Dies gilt beispielsweise, wenn ausländische Behörden Geldstrafen, Geldstrafen ohne Verschulden oder Täuschungsversuch oder gegen Unternehmen und nicht gegen deren handelnde Organe verhängen. In allen Fällen dürfte das Abzugsverbot nicht zur Anwendung kommen. Zu beachten sind auch die sich auf Ebene der Europäischen Union abzeichnenden Tendenzen, eine Sanktionierung zollrechtlicher Pflichtverstöße auch bei fehlendem Verschulden einzuführen. Es bleibt abzuwarten, welchen Einfluss eine solche verschuldensunabhängige Sanktionierung auf die Abzugsfähigkeit von Bußgeldern haben wird.
Autoren: StB Peter Scheller M.I.Tax / RA/FAStrR/FAStR Torsten Hildebrandt / Susanne Zaczek (Zoll-Service-Kiel)
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