Peter Scheller
Berater für Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Steuer- und Unternehmensberater

„Wenn es knifflig wird.“

EU-Beihilfeverbot und Erbschaftsteuer

von Peter Scheller

EU-Beihilfeverbot und Erbschaftsteuer

Staatliche Beihilfen für einzelne Unternehmen und Branchen sind in der Europäischen Union unter gewissen Umständen verboten. In den letzten Jahren sind vermehrt steuerlich begünstigende Vorschriften in den Fokus der Europäischen Kommision gerückt. Wird durch den EuGH festgestellt, dass eine Vorschrift unter das EU-Beihilfeverbot fällt, sind die Wirkungen für betroffene Unternehmen häufig katastrophal.

Das EU-Beihilfeverbot

Artikel 107 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) untersagt staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Es liegt eine Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige vor.
  • Diese Begünstigungen verfälschen den Wettbewerb oder drohen ihn zu verfälschen.
  • Der Handel zwischen den Mitgliedsstaaten wird durch die Maßnahme beeinträchtigt.

Gewisse Beihilfen insbesondere im sozialen Bereich oder für Unternehmen in strukturschwachen Gebiete sind allerdings erlaubt.

EU-Beihilfeverbot und Erbschaftsteuer

Bisher stand das deutsche Erbschaftsteuerrecht immer im Fokus des deutschen Verfassungsrechtes. Mehrmals hat das BVerfG Teile des deutschen Erbschaftsteuerrechtes für verfassungswidrig erklärt. Zum wiederholten Male musste der Gesetzgeber wesentliche Teile neu konzipieren. Die jüngsten Änderungen enthalten weiterhin weitgehende Begünstigungen bei der Bewertung von Betriebsvermögen und Gesellschaftsanteilen. Ob die Neuregelungen wirklich den Vorgaben unserer Verfassungsrichter entspricht, bleibt abzuwarten.

Neu sind die Überlegungen, ob die erbschaftsteuerlichen Verschonungrsregelungen eine unionsrechtswidrig Beihilfe darstellen können. Vordergründig scheint dies nicht der Fall. Begünstigt werden nämlich nicht die Unternehmen selbst sondern diejenigen natürlichen Personen, die Betriebsvermögen oder Gesellschaftsanteile erben. Allerdings ist eindeutiges gesetzgeberisches Ziel, kleine und mittelständische Unternehmen im Erbfall vor großen Liquiditätsabflüssen zu bewahren. Dahinter steht die wohl häufig zutreffende Idee, dass fällige Erbschaftsteuern nur durch Entzug von Barmitteln aus dem Unternehmen geleistet werden können. Dies kann insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen erheblich belasten. Mittelbar geschützt werden sollen also Unternehmen, um diese und die mit ihnen verbundenen Arbeitsplätze zu sichern. Damit kann man die weitgehende Verschonung kleiner und mittelständischer Unternehmen von der Erbschaftsteuer schon als Beihilfe sehen. Allerdings bezweifelt Weerth in seinem Beitrag Die neuen Verschonungsregelungen im ErbStG als gemeinschaftswidrige Beihilfen? (Der Betrieb, Heft 46/2016, S. 2692), dass eine Beihilfrelevanz oder eine Hndelsbeeinträchtigung vorliege.

Vorliegen eines EU-Beihilfeverbots

Die Folgen für Unternehmen und Unternehmensnachfolger wären allerdings extistenzbedrohenden, wenn irgenwann doch eine unzulässige Beihilfe festgestellt würde. Nicht festgesetzte Erbschaftsteuern müsste der deutsche Fiskus rückwirkend für einen Zeitraum von zehn Jahren von den Beteiligten nachfordern. Dabei käme es auch nicht darauf an, ob Bescheide bestandskräftig sind oder nicht.

EU-Beihilfeverbot und Brexit

Eine wesentliche Auswirkung könnte die Befreiung des britischen Gesetzgebers vom Beihilfeverbot des Artikel 107 AEUV haben. Hierunter fallen auch steuerliche Vergünstigungen für einzelne Unternehmen oder bestimmte Branchen. Es wird prognostiziert, dass schon im Vorfeld der Austritts Investitionen in Großbritannien zurückgehen werden. Dies könnte eine britische Regierung nach dem Austritt veranlassen, durch steuerliche Begünstigungen Unternehmen davon abzuhalten, Produktionsstandorte oder andere Geschäftsaktivitäten aus Großbritannien abzuziehen. Gleichzeitig dürften steuerliche Investitionsanreize eine Maßnahme sein, ausländische Investoren anzulocken. In diesem Zusammenhang könnte es auch sein, dass das britische System der Patentbox weiter ausgeweitet wird. Hier könnten sich auch für deutsche Unternehmen wirtschaftlich interessante Möglichkeiten ergeben.

Weitere Einzelheiten bei Scheller, Brexit und die Folgen für das Zollrecht und die indirekten Steuern, DStR 2016, S. 2196

Autor: Peter Scheller, Steuerberater – Master of International Taxation – Fachberater für Zölle und Verbrauchsteuern

Bildquelle: www.fotalia.com

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