Peter Scheller
Berater für Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Steuer- und Unternehmensberater

„Wenn es knifflig wird.“

„Ohne USt“ nicht gleich „Ohne USt“

von Peter Scheller

„Ohne USt“ nicht gleich „Ohne USt“

Häufig werden Leistungen ohne Umsatzsteuer abgerechnet. Hierfür gibt es zwei Gründe: Entweder eine Leistung ist nicht steuerbar oder sie ist steuerbefreit. Weshalb spielt es eine Rolle, die beiden Dinge sauber voneinander zu trennen? Es wird doch beides ohne Umsatzsteuer abgerechnet.

Um die Geschichte zu erklären, müssen wir einen Schritt zurückgehen und die Frage stellen:

Was unterliegt eigentlich dem deutschen Umsatzsteuerrecht?

Das deutsche Umsatzsteuerrecht ist grundsätzlich anwendbar, wenn

  • ein Unternehmer
  • im Rahmen seines Unternehmens
  • im Inland
  • eine Leistung
  • gegen Entgelt

ausführt.

Ein Unternehmer ist , wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Ein Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Unternehmer kann jede natürliche Person, Gesellschaft oder sonstige Organisation sein.

Notwendig ist auch immer, dass eine Leistung und eine Gegenleistung erbracht wird. Im Fachjargon heißt das, dass ein Leistungsaustausch vorliegen muss. Leistung ist dabei der Oberbegriff für Lieferungen und sonstige Leistungen.

Fehlt es an einer der vorgenannten Voraussetzungen, unterliegt eine Transaktion nicht dem deutschen Umsatzsteuerrecht. Das bedeutet, sie ist in Deutschland nicht steuerbar. Hier mal einige Beispiele:

  • kein Unternehmer: Schaut man sich ein ganz normales Arbeitsverhältnis an, liegen fast alle oben genannten Kriterien vor. Der Arbeitnehmer erbringt im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit im Inland seine Arbeitsleistung und erhält dafür ein Entgelt, nämlich sein Gehalt. Es fehlt nur an einer Voraussetzung: Er ist kein Unternehmer, weil er seine berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausübt. Nur deshalb ist die Arbeitsleistung nicht steuerbar.
  • nicht im Rahmen seines Unternehmens: Der Unternehmer verkauft beispielsweise seinen privaten PKW oder seine Privatyacht. Er ist zwar Unternehmer und liefert auch gegen Entgelt; aber er handelt nicht im Rahmen seines Unternehmens sondern als Privatperson.
  • nicht im Inland: Ein deutscher Unternehmer liefert an einen anderen deutschen Unternehmer Waren aus Nigeria in die USA. Alle Voraussetzungen eines Leistungsaustauschs sind gegeben. Die Transaktion findet aber nicht im Inland statt und ist deshalb nicht in Deutschland steuerbar. Sie kann aber ohne weiteres in einem anderen Land steuerbar sein.
  • kein Leistungsaustausch: Ein Unternehmer verursacht einen Schaden bei der Reparatur einer EDV-Anlage eines Kunden. Hierfür leistet er einen Schadensersatz in Form eines Geldausgleichs. Der Unternehmer erbringt keine Leistung für die Geldzahlung, er kompensiert nur den Schaden seines Kunden. Es liegt kein Leistungsaustausch und damit auch kein steuerbarer Vorgang vor.

Wo ist nun der Unterschied zur Steuerfreiheit?

Die Frage nach der Steuerbefreiung muss erst gestellt, wenn ein Vorgang in den Anwendungsbereich des deutschen Umsatzsteuerrechts fällt; wenn der Vorgang also umsatzsteuerbar ist. Erst auf nächsten Stufe stellt sich die Frage, ob der Umsatz steuerpflichtig oder steuerfrei ist. Die Frage nach der Steuerfreiheit stellt sich nicht, wenn ein Vorgang überhaupt nicht steuerbar ist.

Wieso muss man beide Dinge unterscheiden, führen sie doch immer dazu, dass der Vorgang ohne deutsche Umsatzsteuer abzurechnen ist?

Die Unterschiede liegen im formalen Bereich. Gerade die Einhaltung formaler Anforderungen spielt im Umsatzsteuerrecht eine entscheidende Rolle. Ihre Verletzung führt insbesondere in Betriebsprüfungen zur unliebsamen Überraschungen und ungeplanten Steuernachzahlungen.

Worin unterscheiden sich die insoweit nicht steuerbar und steuerfrei?

  • Das wichtigste Dokument im Umsatzsteuerrecht ist die Rechnung. Ist ein Vorgang im Inland nicht steuerbar, werden mit einer Ausnahme überhaupt keinen besonderen Anforderungen an die Form der Rechnung gestellt. Die Ausnahme ist die Erbringung einer Leistung an ausländische Geschäftskunden, deren Leistungsort im EU-Ausland liegt. In diesem Fall muss auf der Rechnung die ausländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Kunden und ein Hinweis auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft („Reverse Charge“) angegeben werden. Bei steuerfreien Lieferungen oder sonstigen Leistungen muss immer der Grund der Steuerbefreiung auf der Rechnung verzeichnet sein.
  • In Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuererklärungen sind nicht steuerbare und steuerfreie Umsätze in verschiedenen Feldern zu erfassen.
  • In der Zusammenfassende Meldung müssen nur gewisse steuerfreie Lieferungen – nämlich die innergemeinschaftlichen Lieferungen – und besondere nicht steuerbare Dienstleistungen (Reverse Charge-Fälle) erfasst werden.
  • Der wohl entscheidenste Unterschied liegt in den Dokumenations- und Nachweisanforderungen. Bei nicht steuerbaren Vorgängen gibt es regelmäßig keine besonderen Nachweis- und Dokumentationspflichten. Man muss nur nachweisen können, dass es sich um einen nichtsteuerbaren Vorgang handelt. Bei steuerfreien Lieferungen oder sonstigen Leistungen sind immer besondere Dokumentations- und Nachweispflichten zu beachten. So müssen bei steuerfreien Ausfuhren oder innergemeinschaftlichen Lieferungen umfassende buch- und belegmäßige Nachweise erbracht werden können. Das bezieht sich nicht nur auf Dokumente wie Rechnungen, Lieferscheine, Gelangensbestätigungen, CMR-Frachtbriefe, Spediteursbescheinigungen oder Ausgangsvermerke. Darüberhinaus müssen in der Buchhaltung umfassende Aufzeichng zu Kunden und den einzelnen steuerfreien Geschäftsvorfällen geführt werden. Fehlerhafte oder unvollständige Aufzeichnungen oder Nachweise führen zur Versagung der Steuerfreiheit.

Folgendes vereinfachtes Prüfungsschema kann man anwenden:

  • Ist ein Vorgang im Inland steuerbar?
  • Wenn er nicht im Inland steuerbar ist, ist zu fragen, ob er vielleicht im Ausland steuerbar sein könnte.
  • Ist ein Geschäftsvorfall im Inland steuerbar, stellt sich die Frage, ob er steuerpflichtig oder steuerbefreit ist.
  • Ist der Vorgang steuerbefreit, stellt sich die Frage nach besonderen Dokumentations-, Nachweis-, Rechnungsstellungs- und Erklärungspflichten.
  • Ist der Vorgang steuerpflichtig, stellt sich die Frage nach dem anzuwendenden Steuersatz; in Deutschland 7% oder 19%.

Zu beachten ist, dass es diverse Sonderfälle im Umsatzsteuerrecht gibt, die nicht in das oben dargestellt Schema passen. Aber im Normalgeschäft kann man damit arbeiten.

Autor: Peter Scheller, Steuerberater – Master of International Taxation

Bildquelle: www.fotalia.com

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