Peter Scheller
Berater für Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Steuer- und Unternehmensberater

„Wenn es knifflig wird.“

Umsatzsteuer: Neuregelungen zu innergemeinschaftlichen Lieferungen

von Peter Scheller

Ab dem 01.01.2020 müssen Unternehmen, die mit dem grenzüberschreitenden Warenverkehr in der Europäischen Union zu tun haben, neue Regelungen beachten. Die Änderungen beruht auf einem von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Reformparket und ist in der Presse auch unter dem Begriff „Quick Fixes“ zu finden.

Es geht dabei um drei Bereiche:

  • Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen
  • Innergemeinschaftliche Reihengeschäfte
  • Kommissionslager in der EU

Bereits jetzt wird kritisiert, dass Transaktionen mit Drittstaatenbezug (z.B. Handel mit China, USA, der Schweiz, Norwegen etc.) nicht ebenfalls neu geregelt wurden.

Diese Information bezieht sich nur auf die Änderungen bei innergemeinschaftlichen Lieferungen.  

Innergemeinschaftliche Lieferungen

Eine innergemeinschaftliche Lieferung liegt vor, wenn

  • Der Lieferer oder der Abnehmer den Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet
  • der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt (unternehmerische Veranlassung) und
  • der Erwerb des Gegenstandes beim Abnehmer im Zielland den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt.

Für die liefernden Unternehmer geht es darum, die Voraussetzungen für das Vorliegen einer steuerfreien Lieferung nachzuweisen. Die Regelungen werden mit Wirkung zum 01.01.2020 deutlich verschärft, trotz aller Beteuerungen der Politik, das System vereinfachen zu wollen.

Folgende Voraussetzungen werden in Zukunft materiell-rechtliche Voraussetzungen:

1. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

  • Der Empfänger der Lieferung muss in einem anderen EU-Mitgliedstaat als dem, in dem die Beförderung oder Versendung begonnen hat, für umsatzsteuerliche Zwecke registriert sein
  • Der Empfänger muss dem Lieferer sein Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) dieses Landes vor Beginn der Beförderung und Versendung mitteilen.
  • Diese USt-IdNr. muss dem Lieferer im Zeitpunkt der Lieferung vorliegen und er muss die Ordnungsmäßigkeit dieser Nummer überprüft haben (qualifizierte Abfrage beim Bundeszentralamt für Steuern).

Hinweis:

Sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, entfällt die Steuerfreiheit. Dies wäre beispielsweise durch die verspätete Mitteilung der USt-IdNr. durch den Empfänger der Fall. Kann der Lieferer nicht buchmäßig die rechtzeitige Mitteilung nachweisen, wird die Steuerfreiheit entfallen. Versäumnisse können nicht nachträglich geheilt werden!

2. Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung

Bisher fristet die Zusammenfassende Meldung (ZM) ein wenig beachtetes Darein als „notwendiges Übel“. Das wird sich ändern.

  • Ab dem 01.01.2020 dem sind die ZM fristgerecht, vollständig und richtig abzugeben.
  • Eine inkorrekte ZM führt dann nicht zur Versagung der Steuerbefreiung, wenn das Versäumnis zur Zufriedenheit der Behörden begründet werden kann.

Hinweise:

Diese gesetzliche Anforderung birgt gleich mehrere Gefahren:

  • Grundsätzlich ist die Lieferung in dem Anmeldungszeitraum zu erfassen, in dem die Rechnung ausgestellt wurde, spätestens aber im auf die Lieferung folgenden Monat. Werden Rechnungen erst zwei oder mehr Monate nach dem Monat der Lieferung ausgestellt, kann eine korrekte ZM nicht erstellt werden. Es muss eine vorhergehende ZM korrigiert werden.
  • Die ZM muss bis zum 25. des auf den Liefermonat folgenden Monats abgegeben werden. Unternehmer mit Dauerfristverlängerung müssen die Umsatzsteuervoranmeldungen erst zum 10. des übernächsten Monats abgeben. Damit fallen Abgabefristen für ZM und Voranmeldungen auseinander. Das war bisher auch schon so, wird aber in Zukunft bei verspäteter Abgabe der ZM mit einer Versagung der Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen „bestraft“.

Einmalige Versäumnisse vorstehender Art werden wahrscheinlich folgenlos bleiben. Wiederholte Verstöße werden aber die Steuerfreiheit ernsthaft gefährden.

Sehr problematisch könnten die Fälle werden, in denen erst nach Jahren im Rahmen einer Betriebsprüfung entsprechende wiederholte Versäumnisse festgestellt werden. Dann entfällt möglicherweise die Steuerfreit für alle geprüften Jahre!

3. Belegnachweise

Ab dem 01.01.2020 sind zwei Alternativen zu beachten:

Alternative 1: Beförderung oder Versendung durch den Lieferer

  • Der Lieferant muss mindestens zwei sich nicht widersprechende Transportnachweise vorlegen.
  • Diese Nachweise müssen von zwei von Lieferer und Empfänger unabhängigen Parteien ausgestellt sein.
  • Als Nachweise kommen in Frage:
    • CMR Frachtbrief (ordnungsgemäß ausgefüllt und unterzeichnet)
    • Konnossemente
    • Luftfracht- oder Spediteursrechnungen
    • Versicherungspolicen für Versand
    • Bankunterlagen Zahlung Frachtgeld
    • Bestätigung einer öffentlichen Stelle
    • Bestätigung des Lagerinhabers im Zielland

Alternative 2: Beförderung oder Versendung durch den Empfänger (Abholfall)

  • Eine der oben als Nachweis aufgeführten Belege
  • zusätzlich eine schriftliche Erklärung des Empfängers, dass der Liefergegenstand durch ihn oder auf seine Rechnung durch einen Dritten in den Bestimmungsmitgliedstaat versendet oder befördert wurde. Hierfür kann das Formular der bisherigen „Gelangensbestätigung“ verwendet werden.
  • Diese Erklärung muss dem Lieferer spätestens 10 Tage nach Ablauf des Liefermonats vorliegen.

Hinweis:

In der Regel werden Lieferer die Gegenstände nicht selbst befördern (z.B. mit eigenem LKW), sondern versenden. Das bedeutet, dass sie einen Dritten (Spediteur, Frachtführer) mit dem Transport beauftragen. Sie sollten mit ihren Dienstleistern vereinbaren, dass diese ihnen immer aussagekräftige, richtige und vollständige Belege übersenden. Gerade in Bezug auf CMR-Frachtbriefe ist dies häufig nicht gegeben.

Autor: Peter Scheller, Steuerberater, Master of International Taxation, Fachberater für Zölle und Verbrauchsteuern

Bildquelle: www.fotalia.com

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