Peter Scheller
Berater für Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Steuer- und Unternehmensberater

„Wenn es knifflig wird.“

Umsatzsteuer: Steuerfreie Seeschifffahrtsumsätze

von Peter Scheller

Umsatzsteuer: Steuerfreie Seeschifffahrtsumsätze

Umsätze im Zusammenhang mit der Seeschifffahrt sind von der Umsatzsteuer befreit. Dies gilt für Lieferung, Umbau, Reparatur, Wartung, Vercharterung und Vermietung von Seeschiffen, die gewerblich genutzt werden. Steuerbefreit sind auch die Versorgung dieser Schiffe sowie alle Dienstleistungen, die unmittelbar für den Bedarf dieser Schiffe und ihrer Ladung erbracht werden. Um die letzte Fallgruppe ging es bei der Entscheidung der EuGH vom 04.05.2017 (C-33/16 – A).

Dabei geht es um die Frage, unter welchen Umständen Dienstleistungen steuerbefreit sind, wenn sie unmittelbar für den Bedarf von auf hoher See eingesetzter Schiffe und ihrer Ladung erbracht werden. Im Fall hatte ein Speditionsunternehmen Aufträge von einem Schifffahrtsunternehmen zum Be- und Entladen von Seeschiffen erhalten. Das Speditionsunternehmen vergab die Aufträge an ein Unterauftragsnehmer weiter. Fraglich war, ob die Leistungen des Unterauftragnehmers steuerfrei sind.

Der EuGH stellt fest, dass das Be- und Entladen von Seeschiffen eine Dienstleistung, die für die Ladung von Seeschiffen erbracht wird. Zu klären war die Frage, ob die Dienstleistung unmittelbar erbracht wurde. Die finnische Finanzverwaltung vertrat die Auffassung, dass ein unmittelbarer Bezug nur dann vorliegt, wenn die Dienstleistung an den letzten Unternehmer in der Leistungskette erbracht wird. Die Leistung des Unterauftragnehmers sei auf einer vorhergehenden Handelsstufe erbracht worden und demnach nicht steuerbefreit.

Dabei berief sich die  Finanzverwaltung auf ein Urteil des EuGH vom 14.09.2006 (C181/04 bis C183/04). In diesem Fall ging es um den Transport von Kraftstoff an Kraftfahrzeughändler, der in der Folge diesen Kraftstoff an einen Reeder verkaufte. In diesem Fall verneinte der EuGH den unmittelbaren Zusammenhang, weil bei Erbringung der Transportleistung noch nicht zweifelsfrei festgestanden hat, dass eine Steuerfreiheit durch eine Lieferung an den Betreiber von Seeschiffen gegeben sei. Die Erweiterung der Steuerbefreiung auf Leistungen auf vorhergehenden Handelsstufen würde die Einführung von Kontroll- und Überwachungsmechanismen erfordert, um sich der endgültigen Bestimmung dieses Kraftstoffes zu vergewissern.

Im vorliegenden Fall sah dies der EuGH anders. Das Be- und Entladen von Seeschiffen weise ihrer Art nach immer einen unmittelbaren Bezug zur Ladung eines Seeschiffes auf. Bei dieser Art von Dienstleistungen komme es deshalb nicht darauf an, auf welcher Handelsstufe eine entsprechende Dienstleistung erbracht würde.

Fazit

Damit steht fest, dass Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Ladung eines Seeschiffes erbracht werden unabhängig von der Handelsstufe immer steuerfrei sind. Das gilt somit auch dann, wenn Aufträge über mehrere Handelsstufen weitergegeben werden.

Hinweise:

(1) Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Feststellung, dass die Steuerbefreiung zwingend ist. Grundsätzlich müssen sich Unternehmen also immer überlegen, ob ihre Dienstleistungen inhaltlich einen unmittelbaren Bezug zu Seeschiffen oder ihre Ladung aufweisen. Die Abgrenzung zwischen steuerpflichtigen zu steuerfreien Leistungen kann in Grenzfällen problematisch sein.

Eine unzutreffende steuerliche Beurteilung kann für beteiligte Unternehmen zu einem steuerlichen Risiko werden. Werden Dienstleistungen ohne Umsatzsteuer abgerechnet, stellt sich aber in einer Betriebsprüfung heraus, dass diese steuerpflichtig war, trägt das leistende Unternehmen das Risiko aus der nachträglichen Festsetzung der Umsatzsteuer.

Aber auch der umgekehrte Fall ist problematisch. Wird Umsatzsteuer berechnet und stellt sich bei einer Betriebsprüfung beim Leistungsempfänger im Nachhinein heraus, dass die Leistung steuerfrei war, wird der Betriebsprüfer den Vorsteuerabzug versagen.

(2) Vollkommen unklar ist, ob diese Rechtsprechung auf andere Seeschifffahrtsleistungen übertragbar ist. Dies gilt beispielsweise für den Werftbereich. Dort werden viele Leistungen im Zusammenhang von Neu- und Umbauten sowie Reparaturen von Seeschiffen von Subunternehmern erbracht. Gleichzeitig werden Gegenstände wie beispielsweise Maschinen- oder Radaranlagen von Herstellungsbetrieben geliefert. Es stellt sich nach dieser Entscheidung die Frage, ob die Lieferungen oder sonstigen Leistungen steuerbefreit sind, wenn der inhaltlich unmittelbare Bezug zu Seeschiffen feststeht.

Autor: Peter Scheller, Steuerberater – Master of International Taxation – Fachberater für Zölle und Verbrauchsteuern

Bildquelle: www.fotalia.com

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Bitte addieren Sie 5 und 8.