Peter Scheller
Berater für Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Steuer- und Unternehmensberater

„Wenn es knifflig wird.“

Verbrauchsteuern: Entlastungsanträge als Steuerfalle?

von Peter Scheller

Verbrauchsteuern: Entlastungsanträge als Steuerfalle?

Mit den Verbrauchsteuern soll grundsätzlich nur der Verbrauch steuerpflichtiger Erzeugnisse wie Energieerzeugnisse, Strom, alkoholische Getränke und Tabak besteuert werden. Auf den Handelsstufen davor soll die Steuer regelmäßig noch nicht anfallen. Eine wichtige Maßnahme zur Verhinderung dieser vorzeitigen Versteuerung stellen Entlastungsanträge dar, mit denen Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen die Vergütung einer bereits gezahlten Steuer beantragen können. Die Antragstellung ist allerdings an formale Anforderungen geknüpft. Werden hier Fehler gemacht, scheitern Vergütungsanträge häufig. Führt man sich die Steuersätze bei den meisten Verbrauchsteuern vor Augen, kann hier viel Geld verloren gehen. Es ist also Vorsicht geboten.

Verbrauchsteuern

Der wesentliche Teil der Verbrauchsteuern ist durch europarechtliche Vorgaben bestimmt. Diese so genannten harmonisierten Verbrauchsteuern sind solche auf Energieerzeugnisse und Strom, alkoholische Getränke und Tabak. In Deutschland sind die entsprechenden EU-Richtlinien in die Steuergesetze für Energie, Strom, Brandwein, Schaumwein- und Zwischenerzeugnisse, Bier und Tabak umgesetzt worden. Daneben gibt es noch die nicht harmonisierten Verbrauchsteuern auf Kaffee und Alkopops.

Die mit Abstand ertragsstärkste Verbrauchsteuer sind Energie- und Stromsteuer. In diesen beiden Rechtsgebieten gibt es auch die meisten Entlastungstatbestände.

Steuervergünstigungen

Das Verbrauchsteuerrecht kennt verschiedene Möglichkeiten, Unternehmen auf vorgeschalteten Handelsstufen von der Verbrauchsteuer zu entlasten. Ein wichtiger Bereich sind die Steueraussetzungsverfahren für Steuerlager und die Beförderung unter Steueraufsicht (EMCS). Daneben gibt es verschiedene Steuerbefreiungen wie beispielsweise diejenige für Schiff- und Luftfahrt in Energiesteuerrecht. Eine dritte Säule ist die Steuerentlastung. Mit diesem Verfahren werden bereits gezahlte Steuern teilweise oder ganz vergütet.

Entlastungsanträge

Entlastungsanträge müssen grundsätzlich durch den Entlastungsberechtigten gestellt werden. Weitere Voraussetzungen sind, dass die Erzeugnisse nachweislich versteuert wurden und eine Verwendung zu den in den jeweiligen Entlastungsvorschriften genannten Zwecken erfolgte.

Das Verbrauchsteuerrecht wird von der Zollverwaltung wie auch den Finanzgerichten hinsichtlich der einzuhaltenden Formalien sehr formalistisch ausgelegt. Dies gilt auch für Entlastungsanträge, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen werden.

Formalien

Alle Entlastungsanträge sind auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu stellen. Formfreie Anträge sind grundsätzlich nicht zulässig. Dasselbe gilt für Anträge auf einem falschen Formular (so auch BFH vom 06.10.2015, VII R 16/14). In dem zu entscheidenden Fall war die Festsetzungsfrist für einen neuen Antrag auf einem korrekten Vordruck zwischenzeitlich abgelaufen, sodass die Entlastung durch Einreichung eines neuen Antrags nicht mehr möglich war.

Ungeklärt ist die Frage, ob auch ein neuer Antrag einzureichen ist, wenn sich nach Abgabe des ersten Antrags herausstellt, dass dieser einen Fehler enthält und zu berichtigen ist.

Fristen

Ein wesentlicher Streitgegenstand zwischen Unternehmen und Zollverwaltung ergibt sich häufig auf der im Gegensatz zu anderen Steuerarten kurzen Festsetzungsfrist von einem Jahr. Die Frist beginnt dabei außer bei der Energiesteuer auf Erdgas und der Stromsteuer mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem diese entstanden ist. Nach Ablauf der Frist ist ein Entlastungsantrag nicht mehr möglich.

Die Entlastung erfordert auch den Nachweis, dass die Erzeugnisse nachweislich versteuert sind. Damit stellt sich die Frage, wann die Festsetzungsfrist beginnt. Hinsichtlich vieler Entlastungsregelungen ergibt sich auch die Problematik, dass der Steuerschuldner und der Entlastungsberechtigte nicht dieselbe Person sind. Die Problematik wird deutlich an dem Fall, den der BFH zu entscheiden hatte (20.09.2016, VII R 7/16):

Ein Energieversorgen belieferte ein grundsätzlich entlastungsberechtigtes Unternehmen im Jahr 2011 mit Strom. Der Energieversorger meldete die Mengen in der Jahreserklärung 2011 zum 30.05.2012 an. Im Jahr 2012 beantragte das empfangende Unternehmen eine Steuerentlastung für das 2. Quartal 2011. Im Januar 2013 reichte das Unternehmen einen berichtigten Entlastungsantrag für das 2. Quartal und einen neuen für das 3. Quartal 2011 ein. Der Energieversorger berichtigte im Juni 2013 seine Steueranmeldung für 2011 entsprechend.

Strittig war, ob die Frist zum 31.12.2012 oder zum 31.12.2013 abgelaufen war. Dabei entscheidend war, wie der Begriff nachweislich versteuert auszulegen ist. Das Finanzgericht München meinte, dass die Frist erst dann zu laufen beginnt, wenn die Steuer im Rahmen einer Steueranmeldung oder einem Steuerbescheid festgesetzt wurden. Das hätte dazu geführt, dass die Frist für die im Jahr 2013 eingereichten Entlastungsanträge fristgerecht gestellt worden wären. Der BFH sieht das anders. Er entschied, dass die Frist zum Ablauf des Jahres beginnt, in dem die Steuer entstanden ist. Dies war im vorliegenden Fall die Entnahme aus dem Stromnetz im Jahr 2011. Damit war die Festsetzungsfrist zum 31.12.2012 abgelaufen und eine Entlastung aufgrund der 2013 gestellten Anträge nicht mehr möglich.

Fazit

Das Urteil des BFH zeigt folgendes:

(1) Eine Entlastung ist grundsätzlich bei Ablauf der Frist nicht davon abhängig, ob die entsprechende Steuer noch festgesetzt und erhoben werden kann.

(2) Der Neutralitätsgrundsatz, der im Mehrwertsteuerrecht noch eine gewisse Bedeutung hat, spielt in der Praxis des sehr formalistisch gehandhabten Verbrauchsteuerrechts keine Rolle.

Autor: Peter Scheller, Steuerberater – Master of International Taxation – Fachberater für Zölle und Verbrauchsteuern

Bildquelle: www.fotalia.com

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Bitte rechnen Sie 1 plus 3.