Verrechnungspreise und BRICS
von Peter Scheller
Unternehmensgruppen und Konzerne sind häufig in verschiedenen Staaten tätig. Die Gründe für die zunehmende Internationalisierung sind vielfältig; Die Erschließung neuer Märkte und das Nutzen von Produktion- oder Kostenvorteilen im Ausland. Ein weiterer Grund ist auch die Nutzung steuerlicher Vorteile in bestimmten Staaten. Dabei können Gewinnverlagerungen in Staaten mit niedrigen Steuersätzen oder anderen vorteilhaften steuerlichen Rahmenbedingungen eine Rolle spielen. Beteiligte Finanzverwaltungen versuchen solche Gewinnverlagerungen unter anderem dadurch zu verhindern, dass konzerninterne Leistungen zu angemessenen Konditionen abzuwickeln sind, spricht Verrechnungspreise gewählt werden, die auch zwischen fremden Dritten so vereinbart worden wären. Das Zauberwort heißt dabei Fremdvergleichsgrundsatz.
Was in der Theorie einfach klingt, ist in der Praxis nicht leicht umzusetzen. Es müssen nämlich Vergleichsdaten für entsprechende Leistungen unter identischen wirtschaftlichen Bedingungen ermittelbar sein. Bei der Lieferung von Standardprodukten mag das noch gehen; bei komplexen individualisierten Dienstleistungen ist dies regelmäßig sehr schwierig und nur mit Hilfe theoretischer Rechenmodelle möglich. Deutsche Unternehmen betrachten die Sache häufig aus der Sicht strenger Verrechnungspreisbestimmungen und Dokumentationsvorschriften in Deutschland. Dabei dürfen aber die entsprechenden Regeln im Ausland nicht unbeachtet bleiben. Außerdem muss man immer im Auge behalten, dass die beteiligten Finanzverwaltungen entgegengesetzte Interessen haben. Beide versuchen möglichst hohe steuerliche Gewinne im jeweiligen Land zu halten. Das kann zu Doppelbeteuerungsszenarien führen.
In Bezug auf die so genannten Schwellenländer, insbesondere die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) sind dabei neue Tendenzen zu beobachten, die das Problem weiter verschärfen können. So fordert beispielsweise China bei der Bemessung angemessener Verrechnungspreise die Berücksichtigung lokaler Standortvorteile. Es fordert von chinesischen Tochtergesellschaften ausländischer Mutterunternehmen für lokale Marktchancen und Kostenvorteile einen angemessenen Zuschlag. Die Schwierigkeit liegt darin, dass belastbare Vergleichsdaten zur Bestimmung und Quantifizierung entsprechender Vorteile nicht vorliegen. Es ist zu erwarten, dass pauschale Zuschläge zu den anhand von Vergleichsdaten ermittelten Verrechnungspreisen in China vorgenommen werden. Das Problem ist, dass solche nicht im Einzelnen belegbare Zuschläge von den Finanzverwaltungen der Industriestaaten, also auch der deutschen Finanzverwaltung, nicht anerkannt werden. Diese werden Patente, andere geschützte Rechte und Know How immer dem inländischen Unternehmen als Strategieträger zurechnen. Damit droht eine partielle Doppelbesteuerung.
Unternehmen ist zu empfehlen, eine möglichst dezidierte Verrechnungspreisdokumentation zu erstellen, die möglichst wenig Spielraum für Hinzuschätzungen der beteiligten Finanzverwaltungen lässt. In einigen Fällen werden möglicherweise auch verbindliche Auskünfte (Advance Pricing Agreements) eine gewisse Rechtssicherheit entfalten. Im Zweifel wird eine nicht vermeidbare Doppelbesteuerung nur durch in den jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehene Konsultations- und Verständigungsverfahren zu verhindern sein, die allerdings aufwendig und langwierig sind.
Autor: Peter Scheller, Steuerberater – Master of International Taxation
Bildquelle: www.fotalia.com
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