Vorübergehende Verwahrung im Zollrecht
von Autorenteam
Die vorübergehende Verwahrung ist ein wichtiges zollrechtliches Instrument, das die Einfuhr von Waren aus Drittstaaten vereinfacht. Es handelt sich um keine Zollverfahren im eigentlichen Sinn, obwohl es Ähnlichkeiten mit dem Verfahren des Zolllagers hat. Die vorübergehende Verwahrung verhindert, dass Einfuhrabgaben wie Zölle, Einfuhrumsatzsteuer und ggf. Verbrauchsteuern bei Verbringen in das Zollgebiet der Union sofort fällig werden. In der Regelverfahren werden die Abgaben erst fällig, wenn die Waren zum freien Verkehr überlassen werden.
Nicht-Unionswaren, die in das Zollgebiet verbracht werden und bei ihrer Ankunft bei einer zuständigen Zollstelle gestellt werden, befinden sich ab diesem Zeitpunkt in der vorübergehenden Verwahrung, bis sie entweder in ein Zollverfahren übergeführt oder wiederausgeführt werden. Während der vorübergehenden Verwahrung werden keine Einfuhrabgaben erhoben. Die maximale Frist für die vorübergehende Verwahrung beträgt 90 Tage. Sich anschließende Zollverfahren sind entweder die Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr, die Wiederausfuhr oder besondere Verfahren wie ein externes Versandverfahren (T1-Verfahren genannt), das Zolllager, die aktive Veredelung oder die vorübergehende Verwendung.
Während der vorübergehenden Verwahrung stehen die in das Zollgebiet verbrachten Waren unter zollamtlichen Überwachung. Deshalb hat der Verwahrer eine Vielzahl von Pflichten zu erfüllen. Verwahrer ist eine Person, die die Ware im Besitz hat und die die Verpflichtungen aus der vorübergehenden Verwahrung einzuhalten oder zur erfüllen hat. Dies kann das einführende Unternehmen aber auch ein als Zollvertreter agierendes Logistikunternehmen sein. Die wesentlichen Pflichten des Verwahrers sind folgende:
Aufrechterhaltung der zollrechtlichen Überwachung
Eine wesentliche Pflicht des Verwahrers besteht darin, die zollrechtliche Überwachung aufrecht zu erhalten. Ein pflichtwidriges Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung ist jede Handlung oder Unterlassung, die dazu führt, dass die Zollbehörden, wenn auch nur zeitweise, am Zugang zur den unter Überwachung stehenden Waren und an der Durchführung von Prüfungen gehindert werden. Ein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung liegt beispielsweise dann vor, wenn Waren aus dem von den Zollbehörden bewilligten Verwahrungslager oder einem anderen zugelassenen Verwahrungsplatz entfernt oder ohne Zustimmung der Zollbehörden abtransportiert werden. Es gibt aber auch andere Fälle des Entziehens; die liegt beispielsweise dann vor, wenn die Waren nicht mehr auffindbar sind, gestohlen werden oder diese im Rahmen der vorübergehenden Verwahrung so behandelt oder verändert werden, dass sie nach zollrechtlicher Einordnung einen anderen Gegenstand darstellen. Im Rahmen der vorübergehenden Verwahrungen sind nur erhaltende Maßnahmen erlaubt.
Rechtzeitige Abgaben einer vollständigen und richtigen Anmeldung
Spätestens mit Gestellung der Ware ist eine Anmeldung zur vorübergehenden Verwahrung abzugeben. Eine spätere Anmeldung ist nicht zulässig. Diese Anmeldung ist nur dann entbehrlich, wenn vor der Gestellung eine Zollanmeldung abgegeben wird und diese als Ersatz von den Zollbehörden akzeptiert wird. Die Anmeldung muss im Regelfall elektronisch über das IT-Verfahren ATLAS abgegeben werden.
Verwahrung der Waren am zugelassenen Verwahrungsort
Nicht-Unionswaren dürfen grundsätzlich nur in den von den Zollbehörden bewilligten Verwahrungslagern oder in begründeten Ausnahmefällen an anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Orten gelagert werden. Diese sind unverzüglich nach Ankunft im Zollgebiet dorthin zu bringen.
Behandlung und Erhaltung der Ware
Verwahrte Waren dürfen nur solchen Behandlungen unterzogen werden, die zur Erhaltung der Ware im unveränderten Zustand notwendig sind und durch die ihre technischen Merkmale nicht verändert werden. Solche Maßnahmen sind beispielsweise das Kühlen von Lebensmitteln, das Füttern und Tränken von Tieren oder das Lüften oder Konservieren von Waren.
Fristgerechte Beendigung
Die vorübergehend verwahrten Waren sind innerhalb von 90 Tagen in ein Zollverfahren zu überführen oder wiederauszuführen. Dabei wird es wohl nicht ausreichend sein, dass eine Anmeldung zu einem anderen Zollverfahren innerhalb von 90 Tagen abgegeben wird. Voraussetzung ist, dass die Waren von den Zollbehörden überlassen sein müssen. Der Verwahrer muss die Länge der Bearbeitungszeit durch die Zollbehörden einplanen und sollte die 90-Tage-Frist anmeldungstechnisch nicht voll ausreizen.
Aufzeichnungen
Der Verwahrer hat Aufzeichnungen in einer Form zu führen, die von den Zollbehörden genehmigt wurden.
Entstehung der Einfuhrabgaben und Möglichkeiten eines Erlasses
Bei Verletzung einer der vorgenannten Verpflichtungen führen zur Entstehung der Einfuhrabgabeschuld. Dies ist unabhängig vom Verschulden des Verwahrers. Werden beispielsweise die verwahrten Gegenstände von Dritten entwendet, entstehen die Einfuhrabgaben trotz fehlendem Verschulden des Verwahrers. Unter gewissen Voraussetzungen kann der Verwahrer einen Erlass oder einer Erstattung der Abgaben beantragen. Die Chancen sind besonders hoch, wenn er nachweisen kann, dass die Waren wiederausgeführt wurden und nicht in den Wirtschaftskreislauf der EU eingegangen sind.
Glossar
Begriff |
Definition |
Rechtsgrundlage |
Nicht-Unionsware |
„Nicht-Unionswaren" sind andere als die unter Nummer 23 genannten Waren und Waren, die den zollrechtlichen Status als Unionswaren verloren haben. |
Art. 5 Nr. 24 UZK |
Unionsware |
„Unionswaren" sind Waren, die a) im Zollgebiet der Union vollständig gewonnen oder hergestellt wurden und bei deren Herstellung keine aus Ländern oder Gebieten außerhalb des Zollgebiets der Union eingeführten Waren verwendet wurden, b) aus Ländern oder Gebieten außerhalb des Zollgebiets der Union in dieses Gebiet verbracht und zum zollrechtlich freien Verkehr überlassen wurden, c) im Zollgebiet der Union entweder ausschließlich aus Waren nach Buchstabe b oder aus Waren nach den Buchstaben a und b gewonnen oder hergestellt wurden. |
Art. 5 Nr. 23 UZK |
Gestellung |
"Gestellung" ist die Mitteilung an die Zollbehörden, dass Waren bei der Zollstelle oder an einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Ort eingetroffen sind und für Zollkontrollen zur Verfügung stehen. |
Art. 5 Nr. 33 UZK |
Überlassung von Waren |
"Überlassung von Waren" ist die Handlung, durch die die Zollbehörden Waren für das Zollverfahren zur Verfügung stellen, in das die betreffenden Waren übergeführt werden. |
Art. 5 Nr. 26 UZK |
Zollamtliche Überwachung |
Die "zollamtliche Überwachung" besteht aus allgemeinen Maßnahmen der Zollbehörden mit dem Ziel, die Einhaltung der zollrechtlichen Vorschriften und gegebenenfalls der sonstigen Vorschriften zu gewährleisten, die für Waren gelten, die solchen Maßnahmen unterliegen. |
Art. 5 Nr. 27 UZK |
Autoren:
Peter Scheller, Steuerberater, Master of International Taxation, Fachberater für Zölle und Verbrauchsteuern
Susanne Zaczek, Expertin Zollabwicklung, https://www.zoll-service-kiel.de/
Bildquelle: www.fotalia.com
- Schlagwörter:
- Einfuhr
- Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung
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- Zollzollamtliche Überwachung
- Kategorien:
- Zoll / Customs Duties
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