Zinsen auf Steuern verfassungswidrig
von Peter Scheller
Seit Jahren wird die Verzinsung von Steuerguthaben und -schulden mit 6% p.a. für vollkommen unangemessen gehalten. Dem ist in Zeiten negativer Zinsen auch zuzustimmen. Nunmehr hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Höhe des Zinssatzes nicht verfassungskonform ist.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 18. August 2021 entschieden, dass ein Zinssatz in Höhe von einem halben Prozent für jeden Monat nicht mit Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz vereinbar ist. Das bisherige Recht ist bis einschließlich dem Veranlagungszeitraum 2018 weiter anzuwenden. Ab 2019 darf der Zinssatz in Höhe von 0,5% nicht mehr angewendet werden. Das BVerfG hat gleichzeitig entschieden, dass der Gesetzgeber verpflichtet ist, bis zum 31. Juli 2022 eine neue Regelung zu schaffen. Solange steht also noch nicht fest, wie die neue Regelung aussehen wird. In Frage kommen eine variable Verzinsung oder ein fester Zinsatz zwischen 1% und 3 % p.a. Damit steht heute noch nicht fest, wie ab dem Veranlagungszeitraum 2019 Steuerguthaben und Steuernachzahlungen zu verzinsen sind. Änderungen werden nach Erlass des neuen Regelung von Amts wegen vorgenommen, wenn die Zinsfestsetzung mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen sind.
Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen sind von der Entscheidung ausdrücklich ausgenommen.
Hinweis:
Sind Zinsbescheide nach dem 18. August 2021 zugegangen, werden diese auf Antrag hin vom zuständigen Finanzamt aufgehoben. Sind die Zinsfestsetzungen mit einem Vorläufigkeitsvermerks versehen, ist die Einlegung eines Einspruchs nicht erforderlich.
Autor: Peter Scheller, Steuerberater, Master of International Taxation, Fachberater für Zölle und Verbrauchsteuern
- Schlagwörter:
- Bundesverfassungsgericht
- BVerfG
- Zinsbescheid
- Zinsen
- Kategorien:
- Rechtsprechung / Legal Decisions
Kommentare
Einen Kommentar schreiben